Zum Hauptinhalt springen

Viele Wege bringen Wachstum

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Die EU-Staats- und Regierungschefs werden sich beim Europäischen Rat morgen in Brüssel mit der Frage befassen, wie die europäische Konjunktur wieder in Schwung gebracht werden kann. Am Tisch liegt ein 220 Mrd. Euro schweres Investitionspaket, das auf Vorschlag der Kommission bis 2020 in 29 Verkehrsprojekte fließen soll. Die öffentlichen - leeren - Kassen sollen möglichst nicht belastet werden.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Was verbindet künftig Sizilien mit Europa? Eine Brücke vom italienischen Festland - die auf Drängen der römischen Regierung in ihrer Funktion als amtierende Ratspräsidentschaft in das EU-Wachstumspaket aufgenommen wurde. Die Kommission hat eine Ko-Finanzierung im Ausmaß von bis zu 30 Prozent in grenzüberschreitenden Abschnitten in Aussicht gestellt. Davon soll auch Österreich profitieren, indem etwa in die Verkehrsverbindungen zu den Nachbarländern (vor allem nach Tschechien und in die Slowakei) EU-Mittel fließen. "Österreich ist gut vertreten", unterstrich gestern Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im parlamentarischen Hauptausschuss, der den EU-Gipfel vorbereitete.

Nicht nur Psychologie

Zusätzliches Geld kann nur über die Europäische Investitionsbank (EIB) mittels Krediten von 50 Mrd. Euro für Baumaßnahmen und 40 Mrd. Euro für Forschung und Entwicklung lukriert werden. Denn eines ist klar: Die nationalen Haushalte dürfen durch die Investitionen nicht belastet werden, wie in erster Linie der deutsche Finanzminister, Hans Eichel, nicht müde wird zu betonen.

Nach Angaben von Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser sind die Kreditkonditionen der EIB jedoch nicht attraktiv genug: Die EIB verrechne vier Prozent Kreditzinsen, die Republik Österreich dagegen nur 3,7 Prozent. Wenn die EU "mehr tun will als Psychologie", müsse es eine Kombination aus nationalen und EU-Maßnahmen geben, forderte daher Grasser beim EU-Finanzministerrat (Ecofin) vergangene Woche. Nationale Initiativen müssten zu den EU-Maßnahmen hinzugefügt werden.

Risikokapital und steuerliche Anreize

"Wir wollen vor allem den Risikokapitalmarkt öffnen und steuerliche Anreize setzen", kündigte Bundeskanzler Schüssel im Hauptausschuss an. Denn die EU-Mitgliedsländer peilen bei den Forschungsausgaben einen dreiprozentigen BIP-Anteil an, der derzeit aber im EU-Schnitt erst bei 2 Prozent liegt. Diese Steigerung würde nur dann erreicht, wenn ein Großteil aus dem Privatsektor komme, so Schüssel.

Die Investitionen werden jedenfalls keine sofortige Wirkung zeigen, sondern mittel- bis langfristig die Konjunktur beleben. Die budgetären Regeln wie etwa der Stabilitäts- und Wachstumspakt müssten eingehalten werden, mahnen die Kommission und die Finanzminister, allen voran der italienische Ratsvorsitzende Giulio Tremonti. Andere wiederum sehen das Regelwerk weniger eng: "Es geht nicht darum, den Stabilitätspakt auszuhebeln, sondern ihn intelligent anzuwenden, also das Defizit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu erhöhen und in besseren Zeiten wieder zurückzufahren", mahnte zuletzt etwa SPÖ-EU-Abg. Hannes Swoboda.

"Nicht der Stabilitätspakt verhindert Zukunftsinvestitionen, sondern eine falsche Budgetpolitik", meinte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat zudem Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein eine bessere Umsetzung der EU-Binnenmarktgesetze versprochen. Österreich werde hier "die rote Laterne abgeben".