Österreichische Biotech-Branche tut sich schwer, Geld für größere Investitionen aufzustellen.
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Wien. Während die globale Biotech-Industrie ein Rekordjahr hinter sich hat, geht dieser Aufschwung weitgehend an österreichischen Firmen vorüber. Zu diesem Ergebnis kommt der Biotech-Report des Prüfers und Beraters EY. "Wie in vielen anderen Branchen fehlen momentan Investitionen an allen Ecken und Enden. Förderung für Start-ups bis fünf Millionen gibt es hierzulande. Bei zweistelligen Millionenbeträgen geht aber vielen Unternehmen die Luft aus", sagt Erich Lehner, Partner bei EY Österreich.
Von der Forschungspipeline für neue Produkte sei Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie Deutschland überdurchschnittlich stark aufgestellt, sagt Lehner: "40 Produkte befinden sich in der Pipeline zwischen Phase 1 und Phase 3." Das Wiener Biotech-Unternehmen Apeiron Biologics testet beispielsweise eine Krebstherapie auf der Basis stimulierter, körpereigener Immunzellen. Mitbegründer ist Josef Penninger, Chef des Instituts für Molekulare Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften in Wien. Marinomed Biotechnologie entwickelt immunologische und antivirale Medikamente, zuletzt ein Programm für antivirale Augentropfen.
USA an der Spitze
"Viele Forscher haben den Kopf nicht frei, weil sie sich um die Finanzierung kümmern müssen", so Lehner. Es brauche steuerliche Begünstigungen und Erleichterungen für Stiftungen, um Investoren anzuziehen. Bei der Aufnahme von Risikokapital in Österreich war das Vorjahr das schwächste Jahr seit dem Aufzeichnungsbeginn von EY 1998. "Das hat sich auch in einem erheblichen Wertverlust vieler Biotech-Unternehmen widergespiegelt", so Lehner. Die rund 100 heimischen Biotech-Firmen erwirtschafteten im Vorjahr drei Prozent mehr Umsatz als 2013, die Nettoverluste stiegen weiter.
Weltweit erreichte die Branche hingegen neue Höchstwerte bei Umsatz, Profitabilität und Kapitalbeschaffung. Dank dieser Steigerung, neuer erfolgreicher Therapien und mehr Zulassungen überschritt die Branche mit einer Steigerung von 34 Prozent erstmals die Grenze von einer Billion US-Dollar an Marktkapitalisierung. Einen großen Beitrag zu den deutlichen Zuwächsen leistete Gilead Sciences aus den USA, Marktführer bei Medikamenten zur Behandlung von HIV und Hepatitis C, der seinen Umsatz 2014 auf 18,8 Milliarden Euro verdoppelte.
Teure Medikamente
Der weltweite Boom ist zum Großteil von wenigen Ländern getragen: Die USA stehen an der Spitze, in Europa können nur Großbritannien und die Schweiz einigermaßen Schritt halten. In den USA stieg die Anzahl der Medikamentenzulassungen von 27 auf 41 - die höchste Anzahl seit 1997. Die gestiegene Zahl an Produktzulassungen bringe auch einen noch nie dagewesenen Preis- und Konkurrenzdruck mit sich, so Lehner.
Dass Biotech-Firmen immer mehr Geld in Forschung und Entwicklung stecken, spiegelt sich in den Medikamentenpreisen wider. Eine 28-Stück-Packung Sovaldi des US-Unternehmens Gilead für Behandlung von Hepatitis C kostet in Österreich laut Wiener Gebietskrankenkasse 14.270 Euro.
"Die Krankenkassen werden nur noch die Kosten für die wirkungsvollsten Medikamente zurückerstatten", so Lehner. Unternehmen müssten die effizienteste Therapie für eine spezifische Indikation oder neue Medikamente für noch nicht behandelbare Krankheiten entwickeln. "Die Konsolidierung in der Branche und die Bereinigung der Portfolios werden weitergehen", erwartet Lehner.