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Gute Nachrichten aus Deutschland. Am Donnerstag wurde dort der Kandidat für den Song Contest gekürt. Begleitet wurde diese Casting-Show wieder von Lena-Mayer-Landrut-Entdecker Stefan Raab, wenn auch schon etwas amtsmüde. Gewonnen hat ein schwachbrüstiger Balladensänger namens Roman Lob, er trug Flanellhemd und unter diesem durften ein paar schüchtern-verwegen tätowierte Linien hervorlugen. Sein langatmiges Lied heißt "Standing Still", und es könnte ihm passieren, dass dieser Titel von Kritikern wörtlich genommen wird. Wie einst bei einer seiner Song-Contest-Vorgängerinnen, die denSong"RunAndHide"schmetterte, was nicht wenige, angesichts ihrer strengen Domina-Aufmachung und ihrer stimmlichen Apokalyptik, als Aufforderung bis Drohung verstanden haben.
Gute Nachrichten also. Denn obwohl deutsche Medien von seinen "Kuschelbäraugen" schwärmen, wird Roman Lob den Grand Prix in Aserbaidschan sicher nicht gewinnen. Nicht einmal, wenn er sein Tattoo mit Neonfarbe aufpeppt und Flanell gegen Paillette tauscht. Solche Balladenboys sind keine Konkurrenz für osteuropäischen Trashpop. Das bedeutet, dass der noch zu kürende österreichische Teilnehmer einen Startvorteil hat. Deutschland ist endlich wieder nicht zu fürchten bei diesem Wettbewerb. In einer Woche findet die Wahl im ORF statt. Ein kleiner Zwischensieg wäre wohl schon, wenn nicht die vom Sender fabrizierte Realsatire von einer Rapgruppe, die Sido zusammengestellt hat, das Ticket nach Baku gewinnt. Weil dann helfen die ganzen guten Nachrichten aus Deutschland gar nichts.