Mit heutigem Datum erhalten die 108.000 österreichischen Vereine eine neue gesetzliche Grundlage. Ab sofort tritt in Österreich ein neues Vereinsgesetz (VereinsG) in Kraft. Es löst die alte Norm aus dem Jahre 1951 ab, die wiederum noch viele Bestimmungen aus 1867 enthielt. Was ändert sich?
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Als Ziel des neuen Vereinsgesetzes formuliert Robert Sturm vom Innenministerium, das für das Vereinswesen zuständig ist: "Es soll die Arbeit der vielen ehrenamtlich tätigen Funktionäre erleichtern, bürokratischen Aufwand und Kosten reduzieren und ein modernes Vereinsmanagement ermöglichen - intern genauso wie im Kontakt mit den Behörden."
Eine grundlegende Neuerung stellt die Errichtung von sogenannten "Vereinsregistern" dar. Das lokale Vereinsregister soll von den Bezirksverwaltungsbehörden, das zentrale Vereinsregister vom Bundesminister für Inneres automationsunterstützt geführt werden. Gemäß § 15 VereinsG dürfen personenbezogene Daten auch dann von den Vereinsbehörden verwendet werden, wenn es sich um "besonders schutzwürdige Daten" im Sinne des Datenschutzgesetzes (DSG) handelt. Nach § 4 Ziffer 2 DSG sind solche "sensiblen Daten": "Daten natürlicher Personen über ihre rassische und ethnische Herkunft, politische Meinung, Gewerkschaftszugehörigkeit, religiöse oder philosophische Überzeugung, Gesundheit oder Sexualleben".
Allerdings verweist das Innenministerium auf Anfrage der "Wiener Zeitung" auf die Möglichkeit, dass "im Fall einer außergewöhnlichen Gefährdung, insbesondere bei Vorliegen sensibler Daten" eine Auskunftssperre im Ausmaß von bis zu zwei Jahren bei der Behörde beantragt werden kann. (§§ 17, 19 VereinsG).
Laut Auskunft des Ministeriums ist dabei eine kostenlose Online-Abfrage auf der ersten Auskunftsebene geplant, also bei nicht schutzwürdigen Daten. Für weitere Auskünfte wird dann ein entsprechend gewichtiges rechtliches Interesse gefordert sein.
Das neue Gesetz regelt hingegen nicht, auf welche Art und Weise die Bezirksverwaltungsbehörden die Registerdaten lokal zu führen haben, sie können also auch konventionell im Karteikartensystem geführt werden. Beim lokalen Vereinsregister handelt es sich um ein "öffentliches Register" im Sinne des DSG, was bedeutet, dass jedermann bei der Behörde Auskunft über einen Verein begehren kann, außer es besteht eine Auskunftssperre.
Die Gründung eines Vereins teilt sich in seine "Errichtung", das ist die Vereinbarung der Statuten, und seine "Entstehung", das ist die Nichtuntersagung durch die Behörde (§ 2 Abs.1 VereinsG). Wie schon bisher muss die Bildung eines Vereines nicht genehmigt, sondern nur durch Übermittlung der Statuten angezeigt werden, und zwar der Vereinsbehörde, das ist die Bundespolizeidirektion bzw. in den Ländern die Bezirkshauptmannschaft. Bisher zuständige Behörde war nach dem alten Gesetzestext der Landeshauptmann, allerdings wurde die Anzeige in der Praxis schon bisher von den Bezirksverwaltungsbehörden bearbeitet.
Nachdem der Behörde die Statuten übermittelt wurden, hat diese vier Wochen Zeit, zu erklären, dass der Verein nicht gestattet ist (§12 VereinsG), "wenn der Verein nach seinem Zweck, seinem Namen oder seiner Organisation gesetzwidrig wäre." Unterlässt die Behörde innerhalb dieser Frist eine solche Erklärung, ist der Verein "entstanden".
Was die Struktur der Vereine betrifft, so wird nunmehr auch die Stellung der Organe gesetzlich geregelt (§ 5 VereinsG). Organe sind die Mitgliederversammlung, das Leitungsorgan, das Aufsichtsorgan und der Rechnungsprüfer. Die Mitgliederversammlung, die mindestens alle vier Jahre zusammentreten muss, ist das oberste Gremium zur internen Willensbildung. Für die Vereinsgeschäfte und die Vertretung nach außen ist das Leitungsorgan zuständig, für das das sogenannte "Vier-Augen-Prinzip" gilt: Es muss zwecks gegenseitiger Unterstützung und Kontrolle aus mindestens zwei natürlichen Personen bestehen.
Neue Rechnungslegung
Im Unterschied dazu ist ein Aufsichtsorgan nicht zwingend zu bestellen. Was die Rechnungsprüfer betrifft, so sind prinzipiell zwei zu bestellen, für spezielle "Großvereine" muss ein professioneller Abschlussprüfer eingerichtet werden. Diese Unterscheidung spielt auch eine wichtige Rolle für die neue Form der Rechnungslegung. Hierbei wird ein "Drei-Stufen-System" eingeführt, gestaffelt nach Jahresumsätzen. Dieses System wird allerdings erst mit 1. Januar 2003 in Kraft treten. Dabei muss jeder Verein mit einem Jahresumsatz bis zu 1 Mill. Euro mindestens eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung samt Vermögensverzeichnis erstellen (Stufe 1). Vereine mit Jahresumsätzen zwischen 1 und 3 Mill. Euro müssen einen Jahresabschluss erstellen, bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (Stufe 2). "Großvereine" mit einem Umsatz über 3 Mill. Euro sind zum erweiterten Jahresabschluss (Stufe 3) verpflichtet. Detail am Rande: Die Schwellenwerte gelten nicht für öffentliche Subventionen.
Haftung
Eine weitere Neuerung betrifft die Haftung für Verbindlichkeiten. Hier soll prinzipiell nur das Vereinsvermögen haften (§ 23 VereinsG). Zu einer Haftung der Funktionäre und somit einer Schadenersatzpflicht gegenüber dem Verein kann es aber kommen, wenn etwa Vereinsvermögen zweckwidrig verwendet oder Vorhaben ohne ausreichende finanzielle Sicherung in Angriff genommen wurden.
Robert Sturm fasst die Vorteile des neuen Gesetzes zusammen: "Einfachere Gründung. Kürzere Wege. Weniger Kosten. Klare Verantwortungen. Angemessene Kontrollen. Und: Weniger Aufwand mit den Behörden - mehr Service durch die Verwaltung."
Bereits aktive Vereinsmeier müssen allerdings nicht in Panik verfallen, denn der Gesetzgeber räumt ihnen genügend Zeit dafür ein, ihre Statuten an das neue Gesetz anzupassen - bis zum 30. Juni 2006.