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Stadtwerke investieren bis 2019 vier Milliarden Euro in Mobilität und in erneuerbare Energien. Die vollständige Modernisierung bzw. Umrüstung der neuen Strom- und Gaszähler schaffen sie aber nicht.
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Wien. 2015 bis 2019 wollen die Wiener Stadtwerke vier Milliarden Euro an "strategischen Investitionen" leisten, erklärte Generaldirektor Martin Krajcsir am Dienstag bei einer Bilanzpressekonferenz. Strategisch deshalb, weil die Entscheidungen für die Anforderung einer wachsenden Stadt bereits heute getroffen werden müssen - zumindest was die Energieversorgung und die öffentliche Verkehrsinfrastruktur anbelangt, meinte Energie-Vorstand Robert Grüneis.
Im Mobilitäts-Bereich liegt der Investitions-Schwerpunkt demnach im Ausbau der U-Bahn und der Modernisierung der Fahrzeugflotte (Bus, Straßenbahn, Bahn) mit etwa zwei Milliarden. Im Energie-Bereich wird laut Grüneis der Ausbau der erneuerbaren Energien forciert, aber gleichzeitig müsse auch die Versorgungssicherheit erhalten werden - dafür wollen die Stadtwerke rund 1,8 Milliarden Euro bis 2019 in die Hand nehmen.
Was die bereits schon lange diskutierte Modernisierung bzw. Umrüstung der Strom- und Gaszähler betrifft, werde man die ambitionierte Zielvorgabe des Wirtschaftsministeriums von 95 Prozent bis 2019 nicht schaffen, räumte Grüneis ein. "Das würde bedeuten, dass wir in den kommenden vier Jahren bei 1,2 Millionen Strom- und 600.000 Gaszählern täglich bis zu 2000 Zähler austauschen müssten - das ist nicht zu schaffen", so Grüneis.
Die EU-Vorgaben würden aber eingehalten, versicherte der Energievorstand der Wiener Stadtwerke. Der Zeitplan für das Rollout soll im Herbst finalisiert sein, und bis 2020 erwartet man sich dann schon einen Deckungsgrad von mindestens 80 Prozent an neuen Zählern. Diese Maßnahme schlägt im Übrigen mit 257 Millionen Euro zu Buche und ist Teil des genannten Investitionsvolumens aus dem Energiebereich.
Bei der Bilanzpressekonferenz präsentierte die Stadtwerke-Spitze den Jahresabschluss 2014 mit einem Umsatz von 2,9 Milliarden Euro - ein Minus von 4,6 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Jahr. Der warme Winter und der niedrige Strompreis hätten dem Konzern zu schaffen gemacht - ebenso das schwierige Marktumfeld und der steigende Wettbewerbsdruck, hieß es. Anders als in Deutschland gibt es nämlich seit 2010 keine Förderung für die Produktion von Strom und Fernwärme aus bestehenden Kraftwerken via Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) mehr, beklagte Grüneis. Er würde deshalb gerne diesbezüglich ein "beihilfenneutrales Modell in Brüssel in die Köpfe bringen".
"Von der Daseinsvorsorge zum Energiebewusstsein"
Auch sogenannte Pooling-Aktivitäten wie etwa die Energiekosten-Stop-Aktion des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) habe der Wien Energie rund 17.000 Stromkunden gekostet. Sie sind zu anderen Anbietern gewechselt. Mit den neuen "Float"-Tarifangeboten will man dem nun entgegenwirken und geht davon aus, dass sich das "Abwandern" im Jahr 2015 um mindestens 50 Prozent reduziert. Der Markt habe sich auf jeden Fall stark gewandelt. Grüneis spricht von einem "Switch von der Daseinsvorsorge zum Energiebewusstsein" vonseiten der Kunden.
Trotz all dieser Umstände habe man ein Plus von 20 Millionen Euro eingefahren, "weil wir rechtzeitig Maßnahmen zur Effizienzsteigerung im Kerngeschäft eingeleitet haben, die nun richtig zu greifen beginnen", meinte Krajcsir. Als Beispiele nannte der Generaldirektor etwa Firmenzusammenführungen oder die Umsetzung sogenannter Roadbooks zur Effizienzsteigerung.
Abschlagszahlungen von 20 Millionen Euro drohen
Das Bilanz-Ergebnis für 2014 liegt jedenfalls um 350 Millionen Euro über dem des Vorjahres - vor allem deshalb, weil in den Jahren 2012 und 2013 unter anderem der gesamte thermische Kraftwerkspark abgeschrieben werden musste. Den 2014 erwirtschafteten Überschuss von 20 Millionen Euro könnten die Stadtwerke aber schnell wieder los sein, droht doch beim Vollzug des Bundes-Energieabgabengesetzes etwa die Zahlung derselben Summe an bevorstehenden Abschlagszahlungen - selbst unter Einrechnung von Effizienzsteigerungsmaßnahmen. "Dieser pessimistic case ist für uns natürlich keine Option", betonte Grüneis.
Er hofft, mindestens 50 Prozent dieses Drohpotenzials mit eigenen Maßnahmen wegzubringen - etwa durch Energieberatung für Kunden und Anlagenoptimierung. Mit dem Wirtschaftsministerium würden auf alle Fälle "gute Gespräche" laufen. Grüneis würde sich wünschen, dass es noch vor dem Sommer Klarheit über die Anwendung und den Anrechnungswert bestimmter Methoden gibt, die bereits im Bund-Länder-Raster enthalten seien.
Künftige Energie- und Mobilitätsszenarien
In Hinblick auf die wachsende Stadt - in wenigen Jahren soll Wien zwei Millionen Menschen zählen - verwies Grüneis auf ein Projekt mit der TU, das den künftigen Energiebedarf der Stadt erheben soll. "Es geht darum zu wissen, in welchen Bezirken was benötigt wird bzw. wo es Energiebewusstsein bei den Menschen gibt und wo nicht", sagte Grüneis.
Mit dem sogenannten Urbem-DK-Projekt, das bereits 2013 gestartet wurde, fördern Stadtwerke und TU Wien zehn Doktoranden. Das Ziel lautet, bis 2016 innovative Energie- und Mobilitätsszenarien für die Infrastruktur der Wiener Stadtwerke zu erarbeiten und zu visualisieren: Mit diesem Blick in die Zukunft soll auf einem 3D-Plan erstmals sichtbar werden, wie sich der Energiebedarf einzelner Gebäude und Stadtteile oder das Verkehrsaufkommen entwickeln wird. Dementsprechend will man in Zukunft noch zielgerichteter planen und investieren können, meint Grüneis.
Das Energieeffizienzgesetz, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, basiert auf einer EU-Richtlinie, die vorsieht, die Energieeffizienz bis 2020 in allen Mitgliedstaaten um 1,5 Prozent zu erhöhen und damit die Treibhausgase zu reduzieren.
Energieversorger - beispielsweise Stromanbieter und Tankstellen - müssen jährlich 0,6 Prozent, gemessen am Vorjahreswert, an Energie einsparen, ansonsten drohen Strafen. 40 Prozent der Sparmaßnahmen müssen beim Kunden umgesetzt werden.