ÖVP und Grüne kündigen Reformvorschlag zur Förderung für den heurigen Herbst an.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Bei rund 13.000 Schülern waren die Probleme mit der deutschen Sprache so groß, dass sie im vergangenen Schuljahr eine Deutschförderklasse besuchen mussten. Der mit Abstand größte Anteil entfällt auf Wien. 41 Prozent oder rund vier von zehn Schülern in Deutschförderklassen gingen in Wien zur Schule. Dahinter rangiert im Bundesländervergleich Oberösterreich mit einem Anteil von 18 Prozent. Dann gibt es einen weiteren Sprung mit elf Prozent in Niederösterreich und zehn Prozent in der Steiermark. Diese aktuellen Zahlen führt Bildungsminister Martin Polaschek in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Neos an.
Hintergrund ist auch, dass Bundesregierung und Bundesländer Ende Mai im Zuge der neuen 15-a-Vereinbarung über den Ausbau der Elementarpädagogik zusätzliche Mittel für die Sprachförderung im Kindergarten vereinbart haben. Gleichzeitig gibt es von Experten Kritik, dass Kinder in Deutschförderklassen, anstatt sie zu integrieren, von ihren Klassenkollegen getrennt werden.
Die eigenen Förderklassen für Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen sind im Mai 2018 von der ÖVP-FPÖ-Koalition beschlossen und ab dem Schuljahr 2018/19 umgesetzt worden. Obwohl die Grünen zu den Kritikern gezählt hatten, sind die Deutschförderklassen auch unter Türkis-Grün beibehalten worden. Nach der noch geltenden Bund-Länder-Vereinbarung zum Ausbau der Kindergärten mussten je Bundesland 25 Prozent der bereitgestellten Mittel für die frühe Sprachförderung aufgebracht werden.
Test überprüft Kenntnisse
Insgesamt gab es im Schuljahr 2020/21 rund 34.000 außerordentliche Schüler. Die höchsten Zahlen an außerordentlichen Schülern an Österreichs Schulen wurde infolge der Flüchtlingswelle im Jahr 2015 verzeichnet. In den Schuljahren 2016/17 und 2017/18 wurden jeweils rund 45.000 außerordentliche Schüler registriert. 2010/11 war deren Zahl noch bei knapp 26.000 gelegen.
Im Rahmen der Schuleinschreibung werden Mika-D-Tests durchgeführt, mit denen die sprachliche Eignung festgestellt werden soll. Dabei zeigte sich, wie der Bildungsminister in der Antwort an die Neos anführte, dass für das Schuljahr 2020/21 bei der Schuleinschreibung 13.460 Mädchen und Burschen einem solchen Test unterzogen wurden. Dabei gab es bei 11.955 Kinder ein mangelhaftes oder unzureichendes Ergebnis, weshalb sie als außerordentliche Schüler eingestuft worden sind. Am größten war der Anteil in Wien mit 4.832 außerordentlichen Schülern aufgrund unzureichender Testergebnisse. In Oberösterreich betraf dies knapp mehr als 3.000 Schüler.
Die Neos wiesen in ihrer Anfrage auf Kritik an den Mika-D-Tests hin, wonach diese aufgrund ihres Settings gar nicht geeignet seien, festzustellen, wie gut ein Kindergartenkind die Sprache bereits beherrscht. Das weist der Bildungsminister allerdings zurück: Österreichs Pädagogen seien mit Situationen dieser Art vertraut und "in der Lage, professionell im Sinne des Kindes zu agieren".
Mehrstufiger Prozess
Die Überprüfung der Beherrschung der Unterrichtssprache erfolge in einem mehrstufigen Prozess. Die Einschätzung der Kompetenzen erfolge durch die Schulleitungen im Zuge eines Begleitgesprächs und Informationen der Eltern und des Kindergartens. Ergibt sich daraus, dass die Kinder aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse dem Unterricht noch nicht folgen können, werden diese Kinder im März zu einem Mika-D-Test für die Primarstufe eingeladen.
Was die Lernfortschritte in der Schule betrifft, so werden in der Antwort Polascheks folgende Zahlen genannt: Von jenen Schülern, die im Schuljahr 2018/19 erstmals in einer Deutschförderklasse waren, schafften 27 Prozent zu Beginn des dritten Semesters den Sprung zu ordentlichen Schülern, 53 Prozent waren für Deutschförderkurse angemeldet. Im vierten Semester waren dann gut die Hälfte, nämlich 52 Prozent, ordentliche Schüler, 37 Prozent waren für Deutschförderkurse gemeldet.
Darüber hinaus wies der Bildungsminister darauf hin, dass mit der neuen, ab September geltenden, Bund-Länder-Vereinbarung zum Ausbau der Kindergärten auch die Mittel für die Sprachförderung erhöht werden. Statt bisher 72,5 Millionen Euro pro Kindergartenjahr stehen damit künftig 120 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Außerdem sei ein flexiblerer Einsatz zwischen dem Ausbau und der Sprachförderung bei den Kindergärten möglich.
Zukunft noch offen
Wie es mit den Deutschfördermaßnahmen weitergeht, wird nicht vor dem Herbst entschieden. Voraussichtlich für den heurigen Herbst erwartet das Bildungsministerium den Endbericht auf Expertenebene dazu. Am Donnerstag waren die Deutschförderklassen Thema im parlamentarischen Unterrichtsausschuss. Anlass war eine Bürgerinitiative zur Abschaffung der Deutschförderklassen. Es folgte ein Aufschub, die Koalition von ÖVP und Grünen kündigten für den Herbst einen Reformvorschlag für die Deutschförderung an.