552 Delegierte entscheiden über den Nachfolger von Reinhart Rohr. | Bürgermeister von Spittal als Favorit - mit 2/3-Hürde. | Wien/Klagenfurt. Eigentlich ist es ein Job, den man nicht wirklich haben will, trotzdem reißen sich gleich vier darum. Heute, Samstag, wird beim vorgezogenen Parteitag der Kärntner SPÖ ein neuer Landesparteichef gewählt - der vierte in fünf Jahren. Seit 2005 saßen Peter Ambrozy, Gaby Schaunig und Reinhart Rohr an der Spitze der Kärntner Sozialdemokratie. Für jeden wurde der Chefsessel zum Schleudersitz.
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Für Noch-Parteichef Reinhart Rohr stand das politische Ende eigentlich schon am Abend des 1. März 2009 fest, als die SPÖ bei den Kärntner Landtagswahlen eine empfindliche Niederlage einstecken musste. Trotzdem dauerte es noch bis Anfang diesen Jahres, ehe der Villacher Bürgermeister Helmut Manzenreiter mit heftiger öffentlicher Kritik Rohrs Rücktritt und die Vorziehung des Parteitages erzwang. Nun rittern Gerhard Köfer, Bürgermeister von Spittal/Drau; Peter Kaiser, Gesundheitslandesrat; Herwig Seiser, Obmann des SPÖ-Landtagsklubs; und Leopold Sever, Wirtschaftskammer-Vizepräsident, um Rohrs Nachfolge.
Als Favorit gilt dabei Köfer. Dieser hatte erst am Dienstag seine Kandidatur bekannt gegeben. Genau hier liegt sein größtes Problem. Die Frist für Kandidaturen ist eigentlich schon am 6. März abgelaufen. Allerdings können die 552 Delegierten eine kurzfristige Kandidatur erlauben. Dem müssen sie aber mit Zweidrittelmehrheit zustimmen. Sollte er diese Hürde nehmen, hätte er gute Chancen, obwohl ihm Manzenreiter Anfang Februar die Fähigkeit zum Parteichef absprach, woraufhin er zunächst auf eine Kandidatur verzichtete.
Sein wahrscheinlichster Gegner in einer Stichwahl dürfte Kaiser werden. Während Köfer vielen in der Partei als zu populistisch gilt, ist Kaiser wiederum vielen zu intellektuell, zu wenig kämpferisch. Im Gegensatz zu Kaiser will Köfer bei der nächsten Landtagswahl 2014 fix SPÖ-Spitzenkandidat werden.
Das hat Herwig Seiser für sich ausgeschlossen. Er sieht sich als Übergangs-chef, der die Partei erneuert - was seine Wahlchancen beträchtlich mindern dürfte. Als chancenlos gilt Leopold Sever. Das schlechte Abschneiden bei der Wirtschaftskammerwahl Anfang März (11,8 Prozent) ist keine Wahlempfehlung für den Präsidenten des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Kärnten.
Wer auch immer künftig die SPÖ-Kärnten führt, er hat keinen leichten Job. Erstens stehen den Sozialdemokraten nirgendwo so starke - wenn auch zerstrittene und in drei Parteien aufgesplitterte - Freiheitliche gegenüber, die um dieselben Wähler buhlen, wie in Kärnten. Zweitens ist in keiner Partei der Hang zur Selbstzerfleischung größer. Ein Grund dafür ist die Macht der SPÖ-Ortskaiser.
Die Macht der roten Ortskaiser als Problem
Neben Manzenreiter, der seit 1987 in Villach residiert, sind dies vor allem Gerhard Mock (St. Veit, seit 1989), Gerhard Seifried (Wolfsberg, seit 1998) und eben Gerhard Köfer (Spittal, seit 1997). Diese haben den letzten Landesparteichefs das Leben nicht eben leicht gemacht. Dies brachte ihnen zuweilen die Kritik ein, "immer nur (zu) maulen", aber selber keine Verantwortung in der Partei zu übernehmen. Auf der diesjährigen Suche nach einem neuen Parteichef waren die Bürgermeister wieder im Gespräch. Mock und Seifried winkten schon bald ab, obwohl Letzterer der Traumkandidat für Manzenreiter gewesen wäre. Dieser entschloss sich schließlich selbst zur Kandidatur, um - nachdem er Köfer aus dem Rennen kritisiert hatte - aufgrund gesundheitlicher Probleme nach einem Skiunfall dann doch zu verzichten, worauf Köfer wieder ins Rennen einstieg. Sollte dieser als Sieger hervorgehen, muss er übrigens auf zumindest eine seiner Funktionen - Bürgermeister oder Nationalratsabgeordneter - verzichten. Kenner meinen, den Ortschef werde er sich wohl kaum nehmen lassen.
Erste Aufgabe für den neuen Parteichef wird es sein, die Gemüter nach einem wohl hitzigen Parteitag wieder zu beruhigen. Das ist es auch, was sich die Genossen jetzt wünschen. "Es darf keine Querschüsse mehr geben", hört man allenthalben. Dann könnte die SPÖ sich ernsthafte Hoffnungen machen, aus den freiheitlichen Querelen in Kärnten doch noch Profit zu schlagen.