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Viermal Ja zum Abtreibungsrecht

Von Martyna Czarnowska

Politik
Anhängerinnen des Rechts auf Abtreibung jubeln über den Wahlerfolg in Michigan.
© reuters / Evelyn Hockstein

Gleich in mehreren US-Staaten wurde über Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch votiert.


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"Hände weg von unseren Körpern." Diese Aufschrift prangte auf den Luftballons, die über den Köpfen der Befürworter eines Abtreibungsrechts schwebten. Die Menschen hatten sich in einer Hotelhalle in Michigan versammelt und warteten auf das Ergebnis eines Votums, das parallel zu den US-Zwischenwahlen abgehalten wurde. Und in der Nacht zum Mittwoch hatten sie dann Grund zum Jubeln. Eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler sprach sich dafür aus, das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche in der Verfassung des Bundesstaates zu verankern.

Auch anderswo hatten Anhänger der Wahlfreiheit von Frauen Grund zur Freude. Gleich in fünf Staaten wurde über Abtreibungsregelungen abgestimmt - mehr als bei irgendeiner anderen Wahl zuvor. Bis auf die Bürger in Montana, wo es um medizinische Vorgaben ging, hatten alle anderen Einwohner darüber zu entscheiden, ob das Abtreibungsrecht durch die Verfassung ihres Staates abgesichert wird oder nicht. In Michigan, Kalifornien, Vermont und Kentucky sprachen sich die Menschen mehrheitlich dafür aus.

Für die Befürworter eines Abtreibungsrechts in den USA ist es ein wichtiger Etappensieg auf einem hürdenreichen Weg. Denn ein Urteil des Obersten Gerichtshofs vom Sommer hat die Debatte erneut entfacht. Der Supreme Court in Washington hatte das bundesweite Recht auf Schwangerschaftsabbrüche gekippt und die entsprechenden Regelungen der Kompetenz der Bundesstaaten übertragen. Um die Vorschriften, die bis hin zu Verboten reichen können, wird dort seitdem heftig gerungen.

Doch kein Randthema

Das Thema polarisiert Gesellschaft und Politik in den USA seit Jahrzehnten - und ist ein wichtigerer Faktor bei Wahlentscheidungen als zuletzt von Meinungsforschern angenommen. Diese sahen die Debatte in den Hintergrund rücken, je näher die Zwischenwahlen kamen. Denn da war die Zustimmung für die Demokraten in Umfragen wieder gefallen, während es kurz nach dem Spruch des Obersten Gerichts großen Zuspruch für die Partei von Präsident Joe Biden gegeben hat, die das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche verteidigte.

Doch das Interesse der Bürgerinnen und Bürger war keineswegs abgeflaut. Nachwahlbefragungen des Meinungsforschungsinstituts Edison Research ergaben, dass gleich nach wirtschaftlichen Überlegungen jene zur Abtreibung sich aufs Abstimmungsverhalten auswirkten. Für fast ein Drittel der Befragten war diese Frage vordringlich; unter den Anhängern der Demokraten waren es gar zwei Drittel. Generell waren sechs von zehn Menschen der Meinung, dass Schwangerschaftsabbrüche legal sein sollten.

Dass diese Gruppe überwiegt, zeigt sich auch in der Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung. Laut dem Index Transparency USA konnten die Befürworter der Wahlfreiheit in Michigan für ihre Kampagne mehr als 43 Millionen Dollar sammeln. Die Gegner einer Verankerung des Abtreibungsrechts in der Verfassung hingegen konnten rund 17 Millionen Dollar aufbringen. Ein ähnliches Bild zeichnete sich im konservativen Kentucky, wo darüber abgestimmt wurde, ob die Verfassung das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche explizit nicht anerkennen sollte. Die Gegner dessen sammelten für ihre Kampagne an die 2,7 Millionen Dollar, die Befürworter eine gute halbe Million Dollar.

Verbote und Restriktionen

Den Bundesstaaten, die gegen eine Verschärfung der Regeln sind, stehen jedoch etliche gegenüber, die bereits Restriktionen eingeführt haben. In 13 US-Staaten ist Abtreibung großteils verboten oder der Zugang dazu massiv eingeschränkt. Wie aus einem Papier hervorgeht, das die US-Regierung vor einem Monat veröffentlicht hatte, leben in den USA fast 30 Millionen Frauen "im gebärfähigen Alter" derzeit in einem Bundesstaat, der Schwangerschaftsabbrüche verbiete.

Selbst in Kentucky sind die Regelungen sehr restriktiv. Doch jene, die dagegen vorgehen wollen, sind durch das aktuelle Votum nun gestärkt.