Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Budapest. Am Keleti-Bahnhof ist so etwas wie Normalität eingekehrt. Polizisten kontrollieren kleinere Gruppen von Migranten, die jetzt zusammen mit anderen Reisenden am Budapester Ostbahnhof in die Züge Richtung Wien steigen - hindern aber offenbar niemanden an der Abreise. Ganz anders die Situation an der Grenze zu Serbien. Dort versucht die Polizei, die Flüchtlinge an der Weiterreise zu hindern, bisher weitgehend erfolgreich. Bei Röskze, dem wichtigsten Übergang, wandern seit Sonntag ständig neue Flüchtlinge ein. Sie folgen dem Schienenstrang, der beide Länder verbindet. Es ist die einzige Stelle, wo es den berüchtigten Grenzzaun nicht gibt. Gut 2000 waren es am Sonntag, über Nacht kamen weitere fast tausend Menschen.
Der Zustrom war so groß, dass ein neues Zeltlager, das in Röszke der Erst-Registrierung dient, sofort voll wurde. Tumulte gab es, weil hunderte Flüchtlinge sich nicht registrieren lassen wollten, aus Angst, damit das Recht auf Asyl in einem anderen EU-Land zu verlieren - so wie es das Dublin-Abkommen vorsieht. Dieses hatten Deutschland und Österreich am Wochenende umgangen, um die Auflösung des menschenunwürdigen Flüchtlingscamps am Keleti-Bahnhof zu bewirken. Montagabend flohen indes laut Hir.TV rund 300 Migranten aus dem Lager Röszke, sie marschierten auf der Autobahn M5 Richtung Budapest und ließen sich dabei auch nicht von der Polizei aufhalten.
Ungarns Premier Viktor Orbán beharrt unterdessen auf einem harten Kurs. Er bezeichnete die Flüchtlinge als Wirtschaftsmigranten. Im ORF-Fernsehen hatte er am Sonntagabend Wien und Berlin aufgefordert, die Grenzen zu schließen. Am Montag setzte er noch einen Appell an die Flüchtlinge drauf: "Kommt nicht!" Er sei nicht dafür verantwortlich, was den Menschen unterwegs passiere. Für Überraschung sorgte gestern im Zuge der Flüchtlingskrise der Rücktritt von Ungarns Verteidigungsminister Csaba Hende.