Clearstream-Affäre erschüttert Regierungspartei und Parlamentsmehrheit. | Paris. (reuters) Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin hat das dritte Misstrauensvotum seiner knapp einjährigen Amtszeit zwar überstanden, doch bleibt er in der Clearstream-Verleumdungsaffäre angeschlagen. Ungeachtet des klaren Abstimmungsergebnisses in der Pariser Nationalversammlung am Dienstagabend offenbarten sich Risse im bürgerlich-konservativen Regierungsbündnis. Die eigene Partei UMP unterstützte den Regierungschef nur halbherzig.
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Zwar verfehlten Sozialisten, Grüne und Kommunisten den von ihnen angestrebten Sturz Villepins um rund 100 Stimmen. Doch stimmte der Chef des zentrumsliberalen UMP-Koalitionspartners UDF, Francois Bayrou, wie zehn weitere UDF-Parlamentarier mit der Linksopposition gegen den Regierungschef. Zudem machten Dutzende von UMP-Abgeordneten ihrem Unmut Luft, indem sie vor der Rede Villepins den Plenarsaal demonstrativ verließen. Auch beim Votum blieben zahlreiche Sitze der Regierungsfraktion leer. Dies galt als Denkzettel für den Premier.
In dem Skandal um gefälschte Listen von Geheimkonteninhabern in Luxemburg war dem Regierungschef vorgeworfen worden, eine Rufmordkampagne gegen seinen innerparteilichen Rivalen, Innenminister und UMP-Chef Nicolas Sarkozy, lanciert zu haben. Auch Staatspräsident Jacques Chirac muss sich gegen Anschuldigungen zur Wehr setzen. Sein Umfeld ließ zum zweiten Mal binnen einer Woche dementieren, dass er ein geheimes Millionenkonto in Japan führe. Die satirische Wochenzeitung "Le Canard enchaine" legte in ihrer jüngsten Ausgabe mit neuen Details nach, nachdem Chiracs Berater einen ersten Bericht der Zeitung dementiert hatten. Die Vorwürfe gegen Chirac stehen laut Bericht des Blattes in keinem direkten Zusammenhang mit der Clearstream-Affäre. Doch habe der frühere Geheimdienstgeneral Philippe Rondot, der die Affäre ins Rollen brachte, die Ermittler wissen lassen, dass Chirac eine Million Dollar auf einem Konto in Tokio deponiert habe. Rondot hat einen ähnlich lautenden Artikel der Zeitung "Le Monde" bereits dementiert.
Die Clearstream-Affäre begann 2004 mit Vorwürfen, Sarkozy und andere Politiker hätten Geheimkonten bei dem in Luxemburg ansässigen Finanzunternehmen, das der Affäre ihren Namen gab. Die Liste mit den Namen erwies sich jedoch bald als Fälschung. Sarkozy, der die Nachfolge Chiracs im Elysee-Palast anstrebt, beklagte daraufhin, dies sei ein gezielter Versuch, seine Reputation zu schädigen. In dem Skandal waren daraufhin auch Vorwürfe gegen Villepin erhoben worden. Er hatte eine geheime Untersuchung gegen Sarkozy und andere UMP-Politiker einleiten lassen. Der Regierungschef wies die Vorwürfe wiederholt zurück, falsch gehandelt zu haben. Villepin hatte bereits zuvor eine schwere Niederlage einstecken müssen, als nach Massenprotesten gegen seine Arbeitsmarktpolitik ein Gesetz zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit vo Chirac gekippt wurde.