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Villepin sucht jetzt doch den Dialog

Von WZ-Korrespondent Christian Giacomuzzi

Europaarchiv

Erneut Proteste gegen Lockerung des Kündigungsschutzes. | Paris. Zehntausende Schüler und Studenten sind am Donnerstag erneut in ganz Frankreich auf die Straße gegangen, um gegen die geplante Schwächung des Kündigungsschutzes für junge Arbeitnehmer zu protestieren. Die größte Kundgebung fand in Paris statt. In Marseille kam es bei einer Demonstration zu Zusammenstößen mit der Polizei, die zum Einsatz von Tränengas und zahlreichen Festnahmen führten. Gewalttätige Ausschreitungen und Vandalenakte wurden auch in einigen benachteiligten Pariser Vorstädten verzeichnet, die bereits im vergangenen Herbst im Rahmen der wochenlangen Vorstadtkrawalle in die Schlagzeilen gekommen waren. Überdies wurde an etwa 60 der insgesamt 84 französischen Universitäten weiter gestreikt.


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Während die Gewerkschaften für kommenden Dienstag zu einem Generalstreik aufgerufen haben, der unter anderem die Staatsbahn SNCF, den Pariser Verkehrsverbund, Air France und die Angestellten der Banque de France betrifft, zeichnete sich am Donnerstag zwischen Sozialpartnern und Regierung erstmals der Ansatz einer Dialogbereitschaft ab. Premier Dominique de Villepin (UMP) lud die Arbeitnehmervertreter in einem Brief zu einer "offenen Aussprache ohne Vorurteile" in seinen Pariser Amtssitz ein. Die Arbeitnehmervertreter zeigten sich erstmals bereit, das Angebot anzunehmen, auch wenn der Regierungschef die bisherige Vorbedingung - nämlich die Rücknahme des umstrittenen "Vertrags für die Erstanstellung" (CPE) - nicht erfüllt hat. "Es wäre gut, wenn alle hingehen, selbst wenn es nur dafür ist, dem Premier zu erklären, dass er den Vertrag zurücknehmen muss", sagte CFDT-Generalsekretär Jean-François Chérèque. Allerdings warnte er zur Vorsicht: "Der Premier betreibt eine Kommunikationskampagne, und wir sind uns sehr wohl bewusst, dass er die Gewerkschaftsfront spalten will."

Unterdessen kündigte die Postgewerkschaft eine gerichtliche Klage gegen Unbekannte wegen der schweren Verletzung ihres Gewerkschafters Cyril Ferez an. Der 39-Jährige hatte vergangenen Samstag bei einer Großkundgebung in Paris im Zuge eines Polizeieinsatzes so schwere Kopfverletzungen erlitten, dass er seither im Koma liegt. Zu einem weiteren tragischen Zwischenfall kam es an der Straßburger Marc-Bloch-Universität, wo ein Student während Protesten an einem Herzanfall starb.