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Wie an dieser Stelle schon ausgeführt, ist "Die Große Chance" für den ORF das wichtigste Fernsehprojekt des Jahres. Diese teure Eigenproduktion muss Erfolg haben, hier muss die Quote sitzen. Da passt es für den ORF sehr gut, dass die Sendung in den vergangenen Wochen in aller Munde war. Nachdem ein Kandidat das Horst-Wessel-Lied auf der Mundharmonika intonierte, wurde die Sendung unfreiwilliger Weise gar Tagesgespräch. Dem ORF zu unterstellen, den Skandal bewusst inszeniert zu haben, ist absurd. Hier ist ein Fehler passiert, der unterm Strich zwar peinlich für die Verantwortlichen ist, der Quote freilich wird es nicht schaden: Wer weiß, was man da noch zu hören bekommt?
Interessant ist vielmehr, wie der ORF den Schlagabtausch zwischen Juror Sido und dem "Krone"-Kolumnisten Michael Jeannée ausschlachtet. Seltsamer Weise kursiert seit einer Woche ein Youtube-Video mit mittlerweile mehreren zehntausenden Abrufen, das anfangs so tut, als wäre es ein Handy-Mitschnitt aus dem Publikum, in der Folge aber Perspektiven zeigt, an denen kein Zuschauer sitzen kann. Es ist sonnenklar, dass nur der ORF über Material dieses seltsamen Auftritts verfügen kann und das Video daher absichtlich "geleakt", also veröffentlicht wurde. Das ist als "virales Marketing" bekannt und völlig legitim. Es basiert darauf, dass der Link im Internet kursiert und von Freunden weiterverbreitet wird. Am Freitag wird der ORF nun das Original zeigen, in dem sich einerseits Jeannée lächerlich macht und andererseits das Buckeln mancher vor der Macht der "Krone" klar wird. Hier wurde der Bildungsauftrag des ORF einmal vorbildlich erfüllt.