Für modernes Banken-Geschäftsmodell weniger Standorte und Personal nötig.
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Wien. Ob Post oder Tankstelle: In vielen Branchen verringern Unternehmen ihre Standorte, weil mit der Distribution kaum etwas zu verdienen ist. Bei den Banken ist das nicht anders, sagt Bank-Austria-Chef Willibald Cernko. Deshalb wird die Unicredit-Tochter ihre derzeit 350 Geschäftsstellen in Österreich bis 2015 um ein Drittel reduzieren und sich künftig auf urbane Ballungsräume - das inkludiert etwa auch die Bezirksstädte - konzentrieren.
Automaten für Ein- und Auszahlungen, die von Kunden am stärksten nachgefragte Dienstleistung, sollen künftig auch abseits der Filialen stehen, etwa in Einkaufszentren. Dafür werde sich die Beratung verstärkt in den Cyberspace, die "virtuelle Filiale", verlagern: Bis Ende 2013 will die Bank Austria 75 Mitarbeiter speziell für Beratungsgespräche via Online-Videokonferenz ausgebildet haben. Diese sollen den Kunden bei Bedarf bis 22 Uhr zur Verfügung stehen.
"Geschäft trägt es nicht mehr"
Die großen Probleme, welche die Bank Austria im Herbst 2012 mit der Umstellung ihrer Computersysteme hatte, sieht Cernko nicht als Gegenargument. Die Komplettumstellung des 15 Jahre alten IT-Systems, das an seine Grenzen gestoßen war, habe trotz intensiver Vorbereitung unabsehbare Kettenreaktionen ausgelöst. Bis dieselbe Funktionalität im neuen System verfügbar sei, werde es freilich noch einige Monate dauern. "Die Leidensfähigkeit unserer Kunden ist bewundernswert, danke dafür", sagt Cernko.
Das neue Geschäftskonzept kommt mit deutlich weniger Mitarbeitern aus. Vor zwei Jahren habe man begonnen, die Mitarbeiterzahl von 10.500 zu reduzieren. 400 sind bereits gegangen - nicht durch Kündigungen, sondern über reguläre Pensionsantritte. 400 werden bis 2015 noch folgen.
Weil Österreich viel zu viele Banken und Filialen aufweist, werde dieser Aderlass der gesamten Branche nicht erspart bleiben. Auf längere Sicht werde die Zahl der Bankmitarbeiter in Österreich - derzeit rund 80.000 - um bis zu 15.000 sinken, schätzt Cernko. Dass Europas Retailbanken gerade 5 Prozent Rendite erwirtschaften, wo die Kapitalkosten bei 10 bis 12 Prozent liegen, sei auf Dauer kein haltbarer Zustand.
Auch in Österreich sieht er "massive Belastungen": Die Geldhäuser hätten im Durchschnitt der letzten fünf Jahre 3,8 Milliarden Euro Gewinn erwirtschaftet. Addiert man zu den Kapitalkosten Belastungen, die von Politik und Aufsicht diktiert werden - von der Bankensteuer bis zur künftigen Dotierung von Abwicklungs- oder Einlagensicherungsfonds -, so beliefe sich das auf bis zu 6 Milliarden Euro pro Jahr: "Das ist ein Hinweis, dass wir dabei sind, das System überzustrapazieren."
Gage unter einer Million
Zu den zwölf Bankchefs, die in Österreich laut Finanzmarktaufsicht 2011 mehr als eine Million Euro Fixgehalt samt Bonus verdienten, zählt sich Cernko nicht: "Keiner von uns ist darunter."
Bei der Debatte über eine Begrenzung der Bankerboni hofft er, dass es möglichst wenige Ausweichmöglichkeiten - etwa für britische Investmentbanker - gibt. Zu viel versprechen solle man sich aber nicht: Es werde den Trend zu höheren Fixgagen geben. Um leichtfertige Risiken zu verhindern, sei es viel wichtiger, dass Banken scheitern können: Das verleite Eigentümer wie Manager eher zu Vorsicht.
Den Kapitalbedarf, den die "Basel-III"-Vorschriften diktieren, hält Cernko für weniger heikel als die Liquiditätskennzahlen: "Diese sind viel, viel herausfordernder und mehr Risiko für die Kreditversorgung der Realwirtschaft." Dadurch werde nämlich die Möglichkeit der Fristentransformation - Hereingabe kurzfristiger Einlagen, Vergabe längerfristiger Kredite - behindert. Finanzierungen mit langen Laufzeiten würden damit fast unmöglich oder extrem teuer, befürchtet Cernko. Er begrüßt, dass der Basler Ausschuss, der die Regeln entwirft, nun eine Einschleifregelung von 2015 bis 2019 vorgeschlagen hat.