Die Diskussion um Rückzahlungen beim Kindergeld stuft Vizekanzler FPÖ-Chef Hubert Gorbach gegenüber der "Wiener Zeitung" als künstlich hochgespieltes Thema rund um den Arbeiterkammer-Wahlkampf ein. Bei nur rund 1 Prozent der Gesamtbetroffenen wird das Gesetz zur Anwendung kommen. Für Härtefälle ist eine 10-Prozent-Klausel beschlossen.
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"Wiener Zeitung": Mit Ihrer Berufung als Vizekanzler verbanden viele in der FPÖ auch die Hoffnung, dass nun die Interessen der Partei in der Koalition mit der ÖVP besser zur Geltung gebracht werden. Ist Ihnen das gelungen?
Gorbach: Die FPÖ findet sich inhaltlich in dieser Regierung sehr gut wieder. Das hat sich jüngst etwa gerade wieder bei der Steuerreform gezeigt. Insgesamt ist die Zusammenarbeit gut, sachlich sehr brauchbar, kollegial und einander helfend. Allerdings hat sich für mich persönlich mit der zusätzlichen Übernahme des Vizekanzleramtes der Zeitaufwand enorm vervielfacht.
"Wiener Zeitung": In der Vergangenheit war es häufig die FPÖ, die durch interne Diskussionen die sachliche Arbeit der Regierung überdeckt hatte. Bei der Präsentation der Steuerreform passierte das der ÖVP: Am selben Tag platzte die Präsentation des Personenkomitees von Benita Ferrero-Waldner dazwischen. Kam da zumindest ein bisschen Schadenfreude auf?
Gorbach: Nein. Schadenfreude ist eine schlechte Freude, deshalb empfinde ich sie nicht. Das ist nun einmal passiert, beim nächsten Mal sollte man nur schauen, dass es besser gemacht wird. Aber das ist Sache der ÖVP.
"Wiener Zeitung": Die von Ihnen so gelobte Abstimmung in der Regierung scheint aber beim Kindergeld nicht funktioniert zu haben.
Gorbach: Die Rückzahlungen wurden offensichtlich zum Thema im Arbeiterkammer-Wahlkampf gemacht, was ich sehr bedaure. Die Zuverdienstgrenze ist im Zuge der Evaluierung ein Thema geworden. Bei 84 Prozent der rund 65.000 Kindergeldbezieher ist alles in Ordnung, lediglich bei 16 Prozent besteht nach einer ersten Sichtung ein gewisses Maß an Unklarheit. Es wird allerdings nur etwa ein Prozent der Gesamtbetroffenen über der Zuverdienstgrenze liegen. Bei diesen wird das Gesetz auch angewendet. Die Rückzahlung wird hier allerdings zinsenfrei sein und auch für Härtefälle haben wir eine 10-Prozentklausel beschlossen.
"Wiener Zeitung": Am 7. März finden in Salzburg und Kärnten Landtagswahlen statt. Haben Sie schon schlaflose Nächte, wenn Sie an das Abschneiden der FPÖ denken?
Gorbach: Ich schlafe so wenig, dass ich es mir gar nicht leisten könnte, schlaflose Nächte zu haben. Und schon gar keine schlaflosen Nächte habe ich, wenn ich an Kärnten denke. Hier wird der neue Landeshauptmann wieder Jörg Haider heißen. In Salzburg haben wir es dagegen etwas schwieriger. Ich bin aber zuversichtlich, dass unser Spitzenkandidat Karl Schnell besser abschneiden wird, als ihm viele prophezeien. Es ist möglich, dass er noch eine wichtige Rolle im Kopf an Kopf-Rennen zwischen ÖVP und SPÖ um den Landeshauptmann spielt.
"Wiener Zeitung": Hier gibt es Gerüchte, das Wahlverhalten der FPÖ in Salzburg könnte etwas mit der Wahl des Kärntner Landeshauptmannes zu tun haben.
Gorbach: Ich weiß von keinen Vereinbarungen - und ich gehe davon aus, dass ich davon als Vizekanzler wüsste.
"Wiener Zeitung": In der Frage der Harmonisierung der Pensionssysteme steht eine Einigung der Sozialpartner weiter aus. Ursprünglich hätte bereits bis Jahresende alles klar sein sollen. Wie viel Zeit geben Sie sich noch für eine Einigung?
Gorbach: Die Harmonisierung ist ein dringendes Anliegen, das im Moment leider nur sehr zäh vorankommt. Die Positionen der Sozialpartner waren bisher relativ starr und unbeweglich, da ist es natürlich kein Wunder, wenn man nicht zusammen kommt. Gelingt bis zum Ende des ersten Quartals 2004 keine Einigung, ist es ein Gebot der Stunde, dass die Regierung eine andere Vorgangsweise sucht.
"Wiener Zeitung": Kommt es bis zum 31. März zu keiner Einigung, soll die Regierung die Harmonisierung also ohne die Sozialpartner beschließen?
Gorbach: Das ist meine persönliche Auffassung. Dieser Termin ist aber noch nicht mit der Partei und dem Koalitionspartner akkordiert. Natürlich wäre eine Einigung der Sozialpartner gut, aber die Bevölkerung erwartet zurecht rasche Ergebnisse. Niemand soll in Österreich das Gefühl haben, irgendeine Gruppe ist bevorteilt und eine andere Gruppe benachteiligt. Da bin ich als Verkehrsminister gerade dabei, den ÖBBlern klarzumachen, dass es mit den alteingesessenen Sonderrechten aus ist - und für andere sollen diese weiterhin bestehen? Das kann es nicht sein.
"Wiener Zeitung": Wann wird sich die FPÖ entscheiden, ob sie einen eigenen Bewerber für das Amt des Bundespräsidenten nominiert?
Gorbach: Wir haben hier noch bis zum 23. März Zeit und die wollen wir auch ausnutzen. Wir werden nun einmal abwarten, wie sich die beiden Kandidaten (Heinz Fischer für die SPÖ und Benita Ferrero-Waldner für die ÖVP; Anm.) entwickeln und verhalten. Zwar sind beide schon gut bekannt, aber sie finden sich jetzt in einer neuen Rolle wieder, da sie sich um ein neues Amt bewerben.
Das Gespräch führten Alexandra Grass und Walter Hämmerle