Spindelegger forciert Privatisierungen und Reformen bei Pension.
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Straßburg/Wien. Am Rande der Übernahme des halbjährlichen Europarat-Vorsitzes durch Österreich nahm Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger Stellung zur "Bugetloch"-Debatte der vergangenen Tage. Er sieht kein "PR-Debakel", wie von Politexperten konstatiert. Man habe die Zahlen erst am Freitag bekommen und dann ein paar Tage gebraucht, um sie auf ein realistisches Maß zu bringen. Zu den Milliardenbeträgen, die als "Budgetloch" seit über einer Woche für Aufregung sorgten, sagt er: "Strukturelles Defizit, Maastricht-Deifizit . . . da wurden viele Begriffe durcheinandergewirbelt." Aus der Regierung seien Zahlen nicht an die Öffentlichkeit gelangt. "Es war schlecht, dass das öffentlich wurde. Aber es funktioniert nicht, dass alle schweigen." Als erster Politiker hatte Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner das Worst-Case-Szenario von 40 Milliarden Euro, die bis 2018 fehlen würden, öffentlich genannt. Spindelegger wehrt sich auch gegen den Vorwurf, die Bevölkerung vor der Wahl über den Zustand der Finanzen getäuscht zu haben. "Ich habe nie eine Steuerreform versprochen und immer gesagt, wir brauchen strukturelle Reformen."
Chance auf Koalition
nur 50:50
Wie sollen diese Reformen nun aussehen? Spindelegger: "Reformen, Wachstum, Privatisierungen." Neue Steuern, wie sie die SPÖ fordert, sieht er als "Gift für das Wirtschaftswachstum." Sie würden eine "Spirale nach unten" auslösen. Wegen Differenzen in diesen Schlüsselfragen sieht er die Chance auf eine Koalition mit der SPÖ nach wie vor höchstens bei "50:50". Den zusätzlichen Einsparungsbetrag von 18 Milliarden Euro bis 2018 bezeichnet Spindelegger als "gewaltig". Das sind nur die "strukturellen" Fehlbeträge, das heißt, jene Ausgaben, die laufend und unabhängig von der Lage der Wirtschaft anfallen. Mit Strukturreformen bewegte man bisher gerade einmal ein paar hundert Millionen. Doch der Staat könne 22 Milliarden Euro einsparen, wenn Bund, Länder und Gemeinden ihre Ausgaben in den kommenden fünf Jahren nur um jährlich ein Prozent reduzieren.
Gegen Jugendwahn
in Firmen
"Ziemlich überrascht" sei er von den bis zu acht Milliarden Euro gewesen, die bei den Pensionen bis 2018 zusätzlich fehlen. Und er lässt durchblicken, dass Unternehmen nun stärker in die Pflicht genommen werden. Bei den Firmen habe er keine Änderung in der Einstellung festgestellt, wenn es um längeres Arbeiten gehe. "Golden Handshakes werden nach wie vor praktiziert." In Diskussion ist ein Bonus/Malus-System, das höhere Sozialkosten für Firmen vorsieht, die sehr wenig ältere Menschen beschäftigen.
Das Wachstum will Spindelegger über eine Mittelstands-Finanzierungs-Gesellschaft und weniger Bürokratie für Gründer ankurbeln. Die bei den Koalitionsverhandlungen eingesetzten Arbeitsgruppen sollen ihre Arbeit bis Ende November abschließen, danach soll sich die Koordinierungsgruppe um die Parteichefs mit den Ergebnissen befassen - und am Dienstag ist Ministerrat.