Zum Hauptinhalt springen

Vizepräsident mit Stärkungsbedarf

Von Alexander U. Mathé

Kommentare

Im religiös gespaltenen Nigeria war man auf der Suche nach einem moslemischen Vizepräsidenten, nachdem ein Christ das Amt des Präsidenten übernommen hat. Man fand Namadi Sambo.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Namadi Sambo ist Moslem; er ist wirtschaftlich erfolgreich, dafür politisch eher unbeschlagen, und er scheint ein netter Kerl zu sein. All diese Attribute machten ihn zum perfekten Kandidaten für das Amt des nigerianischen Vizepräsidenten, als welcher er am Mittwoch angelobt wurde.

Nigeria ist ein religiös gespaltenes Land. 50 Prozent der Bevölkerung sind Muslime (vor allem in den nördlichen Provinzen), rund 40 Prozent sind Christen (im Süden). Blutige Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern beider Religionen gehören zum Alltag. Umso wichtiger ist daher die religiöse Balance in Politik und Regierung.

Durch die schwere Erkrankung von Präsident Umaru YarAdua, der er schließlich im Mai erlag, entstand ein prekäres Machtvakuum. An die Stelle des muslimischen Staatsoberhaupts rückte verfassungsgemäß der Vizepräsident in Person des Christen Goodluck Jonathan, der bereits im Februar vom Parlament zum amtierenden Staatspräsidenten berufen worden war. In der Folge bedurfte es eines muslimischen Vizepräsidenten.

Die Wahl fiel auf Namadi Sambo. Der ist eigentlich ausgebildeter Architekt. Nach seinem Studium wurde er von diversen staatlichen Stellen mit dem Entwurf von Wohnungs- und Büroprojekten betraut. 1986 wurde er in seiner Heimatprovinz Kaduna zum Landwirtschaftskommissar berufen und ging 1990 in die Privatwirtschaft. Er war Chef von drei Baufirmen, Coplan Associates, Nalado Nigeria Limited und Manyatta Engineering Services Limited, die sich unter seiner Führung rasch in Nigeria etablierten und unter anderem von der Weltbank finanziert wurden. Über staatliche Ämter, wie den Vorstand der nigerianischen Eisenbahn, fand der Vater von sechs Kindern den Weg zurück ins staatliche Leben und bewarb sich 2007 erfolgreich als Gouverneur von Kaduna.

Aufgrund seiner unternehmerischen Erfahrung wurde der frischgebackene Vizepräsident sogleich mit den wirtschaftlichen Belangen seines Landes betraut. Politisch jedoch ist Sambo ein Leichtgewicht ohne starke Basis. Für Präsident Jonathan bedeutet das eine Erleichterung. Führten doch in der Vergangenheit Streitigkeiten zwischen dem Präsidenten und dessen Vize zur Regierungsunfähigkeit. Das bekam auch Jonathan zu spüren, der seit der Amtsübernahme von den Vertrauten YarAduas nach Kräften boykottiert wurde. Dieser Widerstand dürfte mit der Ernennung Sambos vorerst gebrochen sein.

Dennoch wundern sich die politischen Beobachter. Denn die demokratische Volkspartei, der der Präsident und sein Vize angehören, hat einen Usus: Alle zwei Amtszeiten à vier Jahren muss die Religionszugehörigkeit des Staatsoberhauptes wechseln. Von dem her wäre Sambo der natürliche Präsidentschaftkandidat der Partei bei den nächsten Wahlen im April 2011. Allerdings dürfte es schwer für ihn sein, bis dahin ausreichend an politischem Profil zu gewinnen.

Manch einer vermutet hinter der Ernennung Sambos eine Strategie Jonathans, der Vereinbarung zum Trotz selbst für das Spitzenamt zu kandidieren. Umso mehr wird Sambo künftig gefordert sein, denn das Ansinnen würde der moslemischen Fraktion der Partei sowie den Wählern kaum gefallen.