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voestalpine will rasch an die Börse

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Franz Struzl, voestalpine-Chef, kämpft an allen Fronten. Einerseits muss er das Unternehmensruder im Zuge der stürmischen Privatisierungsdebatten sicher halten, andererseits ist er seit ein paar Tagen mit Vorwürfen gegen seine Person konfrontiert. Struzl soll vor einem Jahr bei einer Aktientransaktion von seinem Insiderwissen profitiert haben und so einen Gewinn von 250.000 Euro erzielt haben. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat die Angelegenheit untersucht, Struzl leistete 50.000 Euro Diversion wegen Verletzung der Meldepflicht.


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"Er habe eine schiefe Optik vermeiden wollen," meinte Struzl gestern treuherzig in einer Pressekonferenz. Deshalb wurde der gesamte Gewinn des Aktiendeals per Notariatsakt karitativen Zwecken gewidmet.

Struzl spricht im Zusammenhang mit der Diversion von "einer freiwillige Zuwendung an den Bund." Ganz so freiwillig war die Zahlung dennoch nicht, doch nur so konnte der voest-Chef verhindern, dass es zu einer Verurteilung und Vorstrafe wegen Verstoß gegen die Meldepflicht gekommen wäre. Insidergeschäfte konnten ihm nicht nachgewiesen werden.

Doch so leicht ist die schiefe Optik nicht wegzubringen, auch wenn rechtlich alles einwandfrei ist. Denn Struzl ist nicht nur Voest-Boss, sondern auch Aufsichtsratsvorsitzender der VAE (Voest Alpine Eisenbahnsysteme) an der die Voest gemeinsam mit dem deutschen Vossloh-Konzern beteiligt war. Doch Vossloh wollte sich von seinem 45-%-Anteil trennen und verhandelte vor einem Jahr mit der französischen Cogifer. Just zu diesem Zeitpunkt kaufte Struzl privat 2.800 VAE-Aktien, wohl wissend, dass bei erfolgreichem Abschluss des Verkaufs sein Unternehmen, die Voest, den Streubesitz aufkaufen wird. So wäre Struzl in den Genuss eines Kursgewinnes von 250.000 Euro - das sind 89 Euro Gewinn je Aktie, pro Stück wurden Struzl 143 Euro bezahlt - gekommen, hätte er nicht zuvor wohlweislich sein Aktienpaket bei einem Notar hinterlegt, mit der Auflage, allfällige Gewinne der Krebsstation des Landeskrankenhauses Graz und dem St. Anna Kinderspital zu widmen. Da aber der Pakt zwischen Deutschen und Franzosen erst nach dem Kauf geschlossen wurde, könne im vorliegenden Fall nicht von Insiderwissen gesprochen werden, betont Rechtsanwalt Christian Hausmaninger. Er gibt aber auch zu, dass in Österreich das Börsegesetz verbesserungswürdig sei. Denn eigentlich sollten wie in den USA sechs Monate vor und nach einer Übernahme keine Aktien-Käufe durch Organe der Unternehmen mehr getätigt werden dürfen. Analysten geben zu bedenken, dass im vorliegenden Fall nicht nur das Wissen über den bevorstehenden Deal ausschlagebend war, sondern auch der Kaufpreis, den Cogifer hinblättern würde und über den Details im Vorfeld durchgesickert sein könnten. Denn dieser war ausschlaggebend für das Angebot, das die Voest später vorlegte.

Der längst vergessen geglaubte Deal schlägt mittlerweile Wellen. Richard Schenz, Kapitalmarktbeauftragte der Regierung hat Struzl bereits zum Rücktritt aufgefordert. Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger hält die Angelegenheit für höchst "peinlich".

Doch der Attackierte denkt nicht ans Aufgeben: "Ich trete nicht zurück." Dass dieser Fall gerade jetzt die Medien beschäftigt, hält er für gesteuert. "Dass die Insidergeschichte jetzt an die Öffentlichkeit kommt, hat vielleicht mit der Privatisierung zu tun. Offenbar hat jemand Interesse, dass der Fall nachträglich aufgewärmt wird." Und tatsächlich kommt die Beschädigung des Struzl-Images einigen zugute. So profitiert beispielsweise Frank-Stronachs Magna vom ramponierten Ruf des deklarierten Gegners eines strategischen Investors der voestalpine, wissen kundige Beobachter. Denn sein Wort hat zumindest für geraume Zeit weniger Gewicht. Außerdem wird vom Privatisierungspoker abgelenkt.

Voest-Kunden verunsichert

Doch gerade dieser macht dem Voest-Vorstand größte Sorgen. "Mitarbeiter, Kunden und Aktionäre sind wegen der laufenden Pivatierungsdiskussion zutiefst verunsichert," mahnen Struzl und Vorstandskollege Wolfgang Eder. Denn die Kunden wüssten nicht, ob sie in einem Jahr noch mit denselben Produkten beliefert werden können. Es müsse so rasch als möglich Ruhe und Stabilität in und um das Unternehmen einkehrt. Das Wunschkonzept des Vorstands: Alle vier erfolgreichen Sparten der Stahlerzeugung und -verarbeitung müssen gemeinsam erhalten bleiben. Ein strategischer Käufer à la Magna oder Thyssen wäre dabei eher ein Hindernis denn eine Hilfe. "Dass uns ein strategischen Partner etwas beibringen kann", schließt Stuzl aus. Die Konzernstrategie verlange einen verläßlichen Partner, damit die Investitionen in die Forschung, aber auch an den Standorten in Oberösterreich getätigt werden können. "Auf Dauer hält das Unternehmen die Hü-hott-Politik nicht aus", so Eder. Struzl plädiert für einen Börsegang und eine baldige Entscheidung darüber. "Damit die Voest endlich dem Zyklon der Landtagswahlen in Oberösterreich entkommt."