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Volksbanken und genossenschaftliche Identität

Von Holger Blisse

Gastkommentare
Holger Blisse hat als wissenschaftlicher Projektmitarbeiter der Universität Wien gearbeitet und ist auf kredit-, land- und wohnungswirtschaftliche, genossenschaftliche und sozialpolitische Themen spezialisiert.

Es braucht vielgestaltige und so genossenschaftliche Volksbanken wie möglich.


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Die Volksbanken bilden seit 2012 einen zweistufigen Kreditinstitute-Verbund, sie stehen im Eigentum von mehr als einer halben Million Mitgliedern und erreichen etwa sechs Prozent Marktanteil (Bilanzsumme).

Die Probleme, die den Umbau des Volksbankensektors auslösten, zeigten sich nach Beginn der Finanzkrise beim Zentralinstitut - der Österreichischen Volksbanken-AG (ÖVAG) und den Tochtergesellschaften ihres Konzerns. Die Volksbanken als Mehrheitseigentümer hatten die Probleme zu bewältigen. Hierbei musste die Republik Österreich helfen, die dabei auch mit 43,3 Prozent als ÖVAG-Aktionär eintrat.

Wenn jetzt im Zuge der erfolgsorientierten Sanierung die Volksbanken noch enger zusammengeführt werden und eine verdichtete Eigenkapitalstruktur entsteht, können weitere Risiken geräuschloser abgefedert werden. Man visiert mit acht (Bundesländer-)Volksbanken plus Spezialinstituten wie Bausparkasse mit Immo-Bank, Apotheker-, Ärztebank und Sparda-Banken eine deutlich geringere Zahl an als die aktuell noch mehr als 40 Institute.

Für den Fall der bevorzugten Rechtsform einer Aktiengesellschaft für diese neuen größeren regionalen Volksbanken könnte sich aus der Perspektive der Mitglieder, die als Eigentümer zugleich wichtige Kunden der Banken sind, die Frage nach dem genossenschaftlichen Gehalt und damit nach der Unverwechselbarkeit "ihrer" Volksbank zum Beispiel gegenüber anderen Regionalbanken stellen.

Zweifellos entfernen sich die Eigentümer vom Zentrum des Geschehens, wenn sie nur noch als Mitglieder einer Genossenschaft gefragt sind, die ihrerseits die Aktien einer Volksbank verwaltet. Es wird aber auch das Management einer solchen Volksbank in seinen Entscheidungen noch unabhängiger. Ebenso - wenn nicht in genossenschaftlicher Hinsicht noch stärker - problematisch wäre es, wenn aus Mitgliedern Aktionäre würden. Oder sollen in Zukunft Verbundfremde die Volksbanken übernehmen können?

Die genossenschaftlichen Leitgedanken und Prinzipien wie Selbsthilfe durch Mitglieder- und so dann Kundenförderung, Selbstverwaltung mit gleichem Stimmrecht und Selbstverantwortung durch Mitglieder in Vorstand und Aufsichtsrat träten weiter zurück - es sei denn, es gelingt im letzten Moment, was der mutige Widerstand einzelner kleinerer Volksbanken gegen den verordneten Fusionsplan vorbereitet hätte: Zum einen wird die Volksbank Wien-Baden durch die Zentralbankfunktion nicht überformt und überfordert, und es bleiben innerhalb eines vielleicht partiell - durch die kleineren Volksbanken und Spezialbanken - dreistufigen Verbundes mehr als zehn und vor allem mehr Banken in der Rechtsform der Genossenschaft erhalten. Zum anderen entwickeln sich in den Fällen, wo Verwaltungsgenossenschaften als Eigentümer der Bankaktiengesellschaften vorhanden sind oder entstehen, diese Genossenschaften mit neuen Ideen für aktives genossenschaftliches Handeln.

Anderenfalls bliebe nur, den sich abzeichnenden Entwicklungspfad in Richtung Konzern und Kapitalmarkt rechtzeitig wieder zu verlassen. Eine Herausforderung, die es aber wert wäre, angenommen zu werden, um die eigene, genossenschaftliche Identität zu bewahren.