Volksgruppen wollen eine eigene parlamentarische Initiative starten.
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Wien. Der Rat Kärntner Slowenen hat in den vergangenen Wochen seinen Obmann gewählt. Zur Wahl standen Valentin Inzko, Spitzendiplomat und Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, der dem Rat seit 2010 vorsteht, und Angelika Mlinar. Die 43-Jährige ist Unternehmerin, ehemalige Generalsekretärin des Rats, Vorsitzende des Liberalen Forums und Spitzenkandidatin der Neos in Kärnten - und war letztlich gegen Inzko chancenlos. Der 64-jährige Amtsinhaber kam auf 1858 Stimmen (75,16 Prozent), seine Herausfordererin auf 614 (24,84 Prozent).
Mit der Lösung der Kärntner Ortstafelfrage im Sommer 2011 ist eine der Herausforderungen für die größte Vertretungsgruppe der Kärntner Slowenen erledigt. Den damaligen Schwung wollte Staatssekretär Josef Ostermayer, einer der führenden Ortstafel-Verhandler, nutzen, um auch gleich das Volksgruppengesetz auf neue Beine zu stellen. Im März 2012 präsentierte Ostermayer einen Entwurf, der den Volksgruppen "sowohl ein Mehr an Autonomie als auch die Stärkung ihrer Selbstbestimmung" bringen sollte. Seither geht in der Sache aber nichts mehr weiter.
Es habe eine breite Begutachtung gegeben, heißt es dazu aus Ostermayers Büro zur "Wiener Zeitung". Dabei seien alle Volksgruppen zu Wort gekommen und ihre Wünsche berücksichtigt worden. "Eigentlich war alles fertig diskutiert", sagt ein Sprecher. Trotzdem ist die Novelle seit einem Jahr in der Warteschleife.
"Wichtige Themen fehlen"
Aus Sicht der Volksgruppenvertreter ist Ostermayers Entwurf "unbrauchbar", wie Nanti Olip, Vizepräsident des Rats der Kärntner Slowenen, sagt. Kern der Novelle seien "Fremdbestimmung statt Eigenverantwortung - dieser Zugang stört uns", sagt Olip. Die Reform der Volksgruppenbeiräte führe dazu, dass diese kaum Möglichkeiten zur Mitbestimmung hätten und sich die Regierung ihre Verhandlungspartner quasi selbst aussuche, so Olip. Er bemängelt auch, dass "wichtige Themen wie Schule und Bildung ausgeklammert" seien.
Aus dem Bundeskanzleramt heißt es, dass man das Thema nach der Wahl neu aufgreifen will, schließlich gebe es einen fertigen Entwurf. Solange wollen die Volksgruppenvertreter aber nicht warten. Sie fordern ein Zurück an den Start und wollen die Thematik mittels Parlamentarischer Initiative (dafür braucht es 500 Unterschriften) noch vor der Wahl ins Parlament bringen. Dort soll dann ein Unterausschuss ein neues Gesetz entwickeln.
Im Büro von Ostermayer reagiert man relativ emotionslos auf diesen Vorstoß: "Die Parlamentarische Initiative steht jedem offen."
Wissen
Das Volksgruppengesetz regelt die Rechte der sechs autochthonen Volksgruppen in Österreich. Das sind die Burgenlandkroaten, die steirischen und Kärntner Slowenen, die vor allem burgenländischen Ungarn, die tschechische und slowakische Volksgruppe sowie die Volksgruppe der Roma. Im Gegensatz zum bisherigen Gesetz sieht der Entwurf von Staatssekretär Josef Ostermayer vor, dass diese auch explizit genannt werden. Daran stößt sich etwa die polnische Gemeinde in Österreich, die bislang vergeblich darum kämpft, als autochthone Volksgruppe in Österreich anerkannt zu werden.