Molterer-Schwenk bei Familienbeihilfe und Hacklerpension. | Rot-Blau auf gemeinsamen Wegen. | Abstimmungen am 24. September. | Wien. Den Letzten beißen bekanntlich die Hunde. ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon hatte am Donnerstagvormittag in Wien die denkbar unangenehme Aufgabe, den anwesenden Journalisten Standpunkte seiner Partei zu verkaufen, die nur wenige Minuten später von seinem eigenen Parteichef über den Haufen geworfen wurden.
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Bekräftigte Missethon noch um 11 Uhr, dass die ÖVP dabei bleibe, nur für Kinder in Ausbildung einer 13. Familienbeihilfe als Maßnahme gegen die Teuerung zuzustimmen, verkündete Spitzenkandidat Wilhelm Molterer auf Wahlkampftour im burgenländischen Güssing die neue Linie der ÖVP.
Die Volkspartei wird in der Sondersitzung des Nationalrats am heutigen Freitag drei eigene Anträge einbringen: Das Pflegepaket samt abgestufter Erhöhung des Pflegegeldes, wie es vom Ministerrat bereits beschlossen wurde; die 13. Familienbeihilfe für alle Kinder und nicht, wie es bisher ÖVP-Linie war, nur für jene in Ausbildung; und die Verlängerung der Hacklerregelung bis 2013 samt anschließender Einschleifregelung (Erhöhung des Frühpensionsalters um sechs Monate pro Jahr bis zur Erreichung des gesetzlichen Pensionsalters).
Molterer macht einen Schnitt
Damit vollzieht die ÖVP bei Familienbeihilfe einen veritablen Schnitt und verabschiedete sich von ihren bisherigen Positionen.
Die Mehrkosten für die drei Maßnahmen belaufen sich laut Finanzministerium auf 120 Millionen Euro jährlich für das Pflegepaket, auf 240 Millionen für die 13. Familienbeihilfe für alle Kinder (statt 186 Millionen nur für jene in Ausbildung) sowie insgesamt 810 Millionen für die Verlängerung der Hacklerpension inklusive Einschleifregelung. "Das ist leistbar", heißt es dazu von Molterer. Und er rechnet mit einer breiten Mehrheit für die Vorschläge seiner Partei.
Ob das auch tatsächlich der Fall sein wird, wird sich aber wohl erst am 24. September zeigen, wenn die zahlreichen Anträge, die heute eingebracht werden, zur Abstimmung gelangen. Wer dann wem einen Erfolg gönnt beziehungsweise sich selbst als Macher positionieren will.
Zu der Richtungsänderung wurde die ÖVP durch die Strategie der SPÖ unter Kanzlerkandidat Werner Faymann gezwungen, der seit Tagen mit FPÖ, Grünen und BZÖ für wechselnde Mehrheiten für sein Fünf-Punkte-Paket gegen die Teuerung verhandelt. Dabei hat er bereits eine weitgehende Einigung mit der FPÖ zum Thema Mehrwertsteuer-Senkung erzielt, indem die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel minus einiger ausgewählter Luxusartikel auch auf Medikamente ausgeweitet werden soll.
ÖVP und Grüne lehnen sowohl das eine wie das andere wegen mangelnder sozialer Treffsicherheit und übermäßiger Kosten entschieden ab. Eine parlamentarische Mehrheit hängt damit am Ja des BZÖ.
Eine Einigung zeichnet sich auch beim sogenannten Papa-Monat ab, den die Grünen beantragen. Dem Vernehmen nach ist die SPÖ nicht abgeneigt, diesem Vater/Kind-Monat nach der Geburt zuzustimmen. Und auch das BZÖ dürfte in diesem Fall ein möglicher Partner sein.