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Volkswanderung

Von Barbara Sorge

Politik
Mehr Menschen, keine Autos ist das Motto in wachsenden Städten. Ljubljana macht es vor.
© fotolia/ kasto

Menschen, die vom Land in die Stadt ziehen, stellen beide Regionen vor Herausforderungen - überall in Europa.


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Wien. Wir schreiben das Jahr 2050. Die Städte platzen aus allen Nähten, Wohnraum ist unbezahlbar geworden, der tägliche Verkehrskollaps ist Programm. Am Land bleiben Geisterdörfer zurück, die Jungen ziehen in die Städte, wo sie Zukunftsperspektiven sehen. In den ländlichen Gebieten verfallen Häuser, den verbleibenden Bewohnern werden Wegzugsprämien gezahlt, weil sich für die wenigen Menschen die Erhaltung der Infrastruktur nicht mehr rentiert.

Landflucht und Stadtwachstum

Der Trend der "Volkswanderung", der Landflucht einerseits und des Zuzugs in urbane Regionen andererseits, ist eine Tatsache, mit der sich das Institut der Regionen Europas (IRE) bis heute, Dienstag, in seiner internationalen Konferenz "Europa 2050: Überfüllte Metropolen - leere Provinzen?" auseinandersetzt. Dabei geht es darum, den Trend "nicht zu dramatisch, sondern gelassener zu sehen", wie der ehemalige Salzburger Landeshauptmann IRE-Vorsitzende Franz Schausberger am Montag bei einem Pressegespräch sagte. Vielmehr sollten im Rahmen dieser inzwischen zehnten Konferenz der Europäischen Regionen und Städte Vertreter von Wirtschaft und Politik Best Practices austauschen, um Antworten auf die aktuellen Herausforderungen zu finden, damit die Schere zwischen Städten und ländlichen Regionen nicht weiter auseinandergeht.

Um die Landflucht einzudämmen, müssen die Provinzen attraktiver werden und mit einer guten Infrastruktur ausgestattet sein. Dazu gehört die Versorgung mit digitaler Infrastruktur, die eine wichtige Voraussetzung für die Zukunft ist, um Betriebe in die Regionen zu bringen beziehungsweise sie dort zu halten. "Breitband ist wie Licht", veranschaulichte es Schausberger. Und es ermöglicht gerade kleinen und mittleren Betrieben oder auch Ein-Personen-Unternehmen, die vorwiegend kreativ arbeiten, Arbeitsplätze zu schaffen oder zu finden. Auch könnte gut funktionierendes Internet eine Antwort auf die Verkehrsproblematik am Land sein, wenn dadurch Arbeiten zu Hause ermöglicht wird, sagte Thomas Arnolder, Geschäftsführer von Alcatel-Lucent, der als Referent zur Diskussion "Regionale Visionen für die Digitale Infrastruktur der Zukunft" zur Konferenz geladen war.

Städte müssen Antworten auf das steigende Verkehrsaufkommen finden, das mit mehr Menschen einhergeht. Der "Europäische Transport Plan" sieht vor, dass bis 2050 keine konventionellen Fahrzeuge mehr in den Städten unterwegs sind, wie es in den Konferenzunterlagen heißt. Einen großen Schritt in diese Richtung hat die slowenische Hauptstadt Ljubljana gemacht. Für diese Anstrengungen wurde die Stadt im vergangenen Juni zur "Europäischen Grünen Hauptstadt 2016" gewählt.

Autofreie Innenstadt

Seit 2007 wurde die Innenstadt Schritt für Schritt autofrei gemacht, erzählte die Vizebürgermeisterin Ljubljanas, Tjasa Ficko, am Montag vor Journalisten. Auch Busse sind dort nicht erlaubt und Taxis nur in seltenen Ausnahmefällen. Natürlich hätte es damals, am Anfang der Umsetzung viele Proteste gegeben, inzwischen hätte sie aber ein viel größeres Problem, wenn sie dort wieder Autos zulassen würde, so Ficko weiter. Ein wichtiges Ziel sei gewesen, die Gewohnheiten der Menschen zu ändern, indem ihnen alternative Transportmittel angeboten werden, die sie das Auto nicht vermissen lassen. So wurden neue Brücken gebaut, um Wege zu verkürzen, und es gibt ein neues System mit Leihrädern, das sie sich aus Paris und auch Wien abgeschaut hätten.

Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Zu den 11 Hektar Fußgängerzone sollen weitere Flächen dazukommen. Vor kurzem wurde eine wichtige Straße, die Slovenska cesta, einbezogen - dort soll eingeschränkter Verkehr im Rahmen eines Shared Space möglich sein.

Neben dem Verkehr in der Stadt und dem Ausbau der digitalen Infrastruktur am Land, die bereits Themen waren, geht es am Dienstag um den Bereich Energie und darum, wie Städte und ländliche Regionen 2050 mit Energie versorgt werden können.