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Voll-Beschäftigung

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
© Wiener Zeitung

Die Parlamentsparteien streiten derzeit im Sandkasten über Zwei-Drittel-Mehrheiten, Ministerladungen vor U-Ausschüssen, etc. Ein Unsinn, der sofort beendet werden sollte. Die gewählten Volksvertreter könnten sich eine Materie vornehmen, um die es sich zu streiten lohnt: Wie es mit der Arbeit weitergeht.


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Zehntausende gutbezahlte Industriearbeitsplätze sind durch die Krise schon weg, ob in Tourismus und Gewerbe alle übrig bleiben, sei bezweifelt. Die Schrumpfung der Wirtschaft scheint zwar beendet zu sein, aber das zu erwartende Wachstum bleibt viel zu schwach, um neue Jobs entstehen zu lassen.

Das Problem wird erst von Experten erkannt. Sozialminister Hundstorfer hat ein neues Arbeitsmarktpaket gefordert - eine kluge Sache. Es wäre schön, wenn das aus dem Parteien-Hickhack rausgenommen werden könnte. Das Parlament hingegen ist derzeit mit sich selbst beschäftigt und nicht mit der Beschäftigungslage im Land.

Auch die Sozialpartner sollten sich Gedanken machen, wie es mit der Arbeit weiter geht. Es ist ja nicht so, dass zuwenig Arbeit vorhanden ist, nur manche Arbeit wird schlicht nicht ermöglicht. Die Sozialversicherungen kämpfen einen aussichtslosen Kampf gegen "prekäre Beschäftigungsverhältnisse". Nur zu versuchen, die Uhr anzuhalten, ist aber deutlich zu wenig. Werkverträge und Ich-AGs wird es weiter geben, immer mehr Menschen wollen das sogar, weil es auch Freiheit bedeutet.

Unser gesamtes System ist - wie es ein hoher und kluger Beamter pointiert ausgedrückt hat - auf "männliche, vollzeitbeschäftigte Weiße" ausgerichtet. Diese Jobs werden weniger. Flexibilität bedeutet auch, andere Formen der Arbeit zuzulassen, und sie in Sozialversicherungssysteme zu integrieren. Darüber gibt es aber keine öffentliche Debatte.

Die Industrie hat bei der Kollektivvertragsrunde versucht, größere Flexibilität einzubauen. Es ging aber nur um Reduzierung von Überstundenzuschlägen. Vielleicht sollte der Zahl und Ausbildung der Mitarbeiter in einem Unternehmen mehr Augenmerk geschenkt werden als dem Jahresgewinn.

Und vielleicht könnten Parlamentarier - wenn sie aus ihrem Sandkasten wieder heraußen sind - das eine oder andere dazu beitragen, mehr Menschen eine Beschäftigung zu ermöglichen.