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Volle Kraft Richtung Handelskrieg

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Währungskrieg Dollar-Yuan eskaliert - Rezessionsgefahr durch Protektionismus.


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Washington. Genau das hat die schwächelnde globale Konjunktur gebraucht: Die zwei größten Volkswirtschaften steuern auf einen offenen Handelskrieg zu. Der US-Senat hat am Mittwoch einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der China vorwirft, seine Währung zu manipulieren und dadurch Exporte zu begünstigen. China führe "seit Jahren einen Handelskrieg gegen die USA", wetterte der demokratische Senator Charles Schumer: "Aber jetzt schlagen wir endlich zurück." 63 Senatoren stimmten für das Gesetz, 35 dagegen.

Der Entwurf sieht Strafzölle für chinesische Produkte vor, wenn die Volksrepublik ihre Landeswährung Yuan weiter künstlich unterbewertet hält. Die Wechselkurse zum Dollar werden nämlich von der Zentralbank festgesetzt. Dadurch sind chinesische Produkte billiger als vergleichbare US-Güter, was den asiatischen Firmen enorme Wettbewerbsvorteile verschafft. Das Handelsdefizit der USA gegenüber China ist dadurch 2010 auf den Rekordwert von 273 Milliarden Dollar angewachsen.

Peking hatte die US-Regierung schon seit Monaten gewarnt, gesetzliche Schritte zu ergreifen. Ma Zhaoxu, ein Sprecher des Außenministeriums, nannte den Entwurf eine "protektionistische Maßnahme, welche die Regeln der Welthandelsorganisation WTO gravierend verletzt." China drängt die US-Regierung und den Kongress zu verhindern, dass Einfluss auf die Wechselkurse genommen wird. Andernfalls würden die "Anstrengungen von China und den USA sowie der internationalen Gemeinschaft, die globale Erholung und das Wachstum zu fördern, unterlaufen", so Ma. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua schrieb sogar von einer "tickenden Zeitbombe".

Obamas Arbeitsmarktpaket scheitert schon im Senat

Zwar hat das Gesetz im Repräsentantenhaus des Kongresses derzeit wenig Aussicht auf Erfolg: Der republikanische Mehrheitsführer John Boehner kündigte an, den Entwurf nicht zur Abstimmung vorzulegen, um einen Handelskrieg mit China zu verhindern. Das Thema ist aber nicht vom Tapet: 2012 steht in den USA ein harter Präsidentschaftswahlkampf an, in China wird es zu einer Wachablöse in der kommunistischen Partei kommen. Das dürfte die Fronten weiter verhärten.

Tatsächlich sind die Chinesen als größter Gläubiger der Vereinigten Staaten und wichtigster Zukunftsmarkt in einer starken Position. Einige Kommentatoren verlangen bereits, als Retourkutsche US-Staatsanleihen zu verkaufen - womit sich Peking aber selbst schaden würde: Die gewaltigen Bestände an Devisenreserven (3,2 Billionen Dollar) und US-Schatzpapieren würden enorm an Wert verlieren.

Die Debatte flackert zum schlechtesten Zeitpunkt auf. Am 3. und 4. November treffen sich die 20 großen Wirtschaftsmächte in Cannes, um Wege aus der Krise zu finden. "Der Handel ist nicht immun gegen zwischenstaatliche Konflikte. Einseitige nationale Lösungen werden nicht funktionieren", betonte WTO-Chef Pascal Lamy vor wenigen Tagen. Er rief zu mehr Zusammenarbeit auf, damit ein Währungssystem entsteht, das den Handel begünstigt, dabei aber zugleich stabiler ist und die Risiken durch globale Ungleichgewichte verringert.

Schon in der Vergangenheit hatten China und die USA wegen Strafzöllen bei Industrie- und Konsumgütern vor der WTO prozessiert - etwa um Importzölle auf chinesische Autoreifen.

Bei einem weiteren zentralen Wahlkampfthema hat US-Präsident eine herbe Niederlage erlitten: Sein 447 Milliarden Dollar schweres Arbeitsmarktpaket scheiterte im Senat. Die Demokraten haben zwar eine Mehrheit, erreichten aber nicht die nötigen 60 Stimmen, um die republikanische Blockade abzuwenden. Auch zwei Demokraten stimmten gegen das Paket. Obama verspricht sich von den Investitionen in Bildung und Infrastruktur zwei Prozentpunkte Wachstum und bis 1,9 Millionen neue Arbeitsplätze. "Die Abstimmung ist keinesfalls das Ende dieses Kampfes", sagte Obama. Er will das Paket nachverhandeln.