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Volle Tintenfässer, blankes Papier

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

Druckmaschinen stehen in Österreich immer öfter still. | Daten per Internet nach China, um Bücher zu drucken. | Erfolg mit Nischen: Papier-Anhänger für russischen Schnaps. | Wien.Johannes Gutenberg würde sich im Grab umdrehen, wenn er mitansehen müsste, was aus dem von ihm geprägten Druckerei-Metier geworden ist: Hinter der einst hochgepriesenen "schwarzen Kunst", die im 15. Jahrhundert den Druck der ersten Bücher ermöglichte, steht ein großes Fragezeichen.


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Wie Dominosteine erwischt es monatlich mehrere Druckereien, die pleitegehen. Bereits 11 Insolvenzen gab es im noch jungen Jahr 2009 in Österreich. Schlechte Nachrichten kommen auch von der Personalfront: Erst vergangene Woche hätte der Vorzeigebetrieb Goldmann Druck in Tulln ein Viertel der 200 Mitarbeiter zur Kündigung angemeldet, heißt es in der Branche.

"Die Zeitungen haben wegen den sinkenden Inseratenschaltungen geringere Umfänge und Auflagen. Wenn weniger Stück gedruckt werden, bedeutet das für uns automatisch weniger Einnahmen", gibt Thomas Unterberger von der Wiener Druckerei Herold zu bedenken. Selbst bei der Obdachlosen-Zeitung "Augustin" sei ein Rückgang zu spüren, weil die Menschen weniger spenden, erklärt Unterberger. Neben der Werbeflaute hat in den vergangenen Jahren auch das Internet das Druckereigeschäft erschwert.

Werbekatalog im Internet

Viele Job-Inserate werden nur mehr online ausgeschrieben. Und auch die bunten Reisekataloge mit den Tiroler Almen werden statt gedruckt ins Internet gestellt. Die Suche nach zusätzlichen Aufträgen ist für eine Zeitungs-Druckerei beschränkt: "Wenn es keine neuen heimischen Zeitungen gibt, gibt es auch keine neuen Kunden", heißt es von Herold-Druck.

"Wir sind austauschbar geworden, das ist das Dilemma", sagt Christian Handler vom Verband Druck & Medientechnik. Im Vergleich zu der Handvoll Zeitungs-Druckereien hätten es jene, die Plakate, Werbematerialien, Bücher & Co. reproduzieren, allerdings noch viel schwerer.

Sie leiden nicht nur unter dem Sparkurs der Werbewirtschaft, sondern vor allem unter der starken Konkurrenz im Ausland. Wer etwa in Deutschland drucken lässt, zahlt bis zu 30 Prozent weniger als in Österreich. Auch China und Indien gelten als beliebte Ausweichmärkte - vor allem für den Druck von Büchern. "Es ist technisch kein Problem mehr, Daten nach China zu schicken", meint Handler mit Bedauern.

Schlusslicht im Export

Aus Sicht des Druckerei-Verbandes ist es daher wenig überraschend, dass Österreich bei den Exporten von Druckerzeugnissen Europas Schlusslicht ist.

Dabei erscheint gerade das Exportgeschäft der einzige Ausweg für die Betriebe: "Der heimische Markt ist viel zu klein für die etwa 700 Druckereien. Wir müssen von außen Aufträge herein bringen", betont Handler. Ansonsten hätte es zur Folge, dass große Unternehmen plötzlich Produkte anbieten, die eigentlich den kleineren Druckereien vorbehalten waren. Irgendwann geht jemand unter.

Dass es in schwierigen Zeiten auch ganz gut vorwärts geht, belegen einige Unternehmen, die sich auf Nischenprodukte spezialisiert haben. Dazu gehören etwa sogenannte Veredelungsbetriebe wie die Wiener Firma Simsa: Als eine unter wenigen stellt sie unter anderem Folien mit edlem Glitzerlack oder unterschiedlichen Düften her.

Gedruckte Schnapsidee

Als Paradebetrieb in der Branche gilt auch die Druckerei Seebacher im Kärntner Ort Hermagor. Weniger Visitkarten, dafür etwas Ausgefallenes, lautete das Motto vor einigen Jahren. Seither spezialisieren sich die Seebachers auf Mini-Formate. Die Abnehmer kommen zum Großteil aus dem Ausland. Besonders stolz ist man auf die bedruckten Papier-Anhänger, die auf russischen Schnapsflaschen im Supermarkt landen.

Geht es nach Experten, dann trifft die Wirtschaftskrise diese Nischen-Betriebe weniger, weil sie in ihrem Bereich kaum Mitbewerber haben. Allen anderen bleibt derzeit nur Hoffen auf bessere Zeiten und Werbung in eigener Sache: "Print bringts", schreibt der Druckerei-Verband im eigenen Tätigkeitsbericht.