Viele Tourismus-Mitarbeiter haben sich in der Krise umorientiert. Vor allem ausländische Saisonarbeiter stehen den Gastronomiebetrieben nicht mehr in Hülle und Fülle zur Verfügung.
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Wer derzeit auf der AMS-Plattform "alle jobs" eine Stelle als Koch oder Köchin sucht, kann sich österreichweit auf 11.153 offene Stellen bewerben. Der Lockdown ist vorbei, Lokale, Restaurants und Hotels haben wieder offen. Nur das Personal ist weg und kommt wohl nicht so schnell zurück. Schon vor der Pandemie hatten Gastronomie-Betriebe vor allem im Westen des Landes Probleme, Fachkräfte zu finden. Jetzt, nach eineinhalb Jahren Corona, ist es noch schwieriger geworden.
Ein Grund dafür sind ausländische Saison- und Arbeitskräfte. Oder besser gesagt deren Fehlen. Viele Köchinnen, Kellner, Reinigungskräfte, Rezeptionistinnen stammen aus Ungarn, der Slowakei, Rumänien oder Deutschland. Im Lockdown haben viele von ihnen ihre Jobs verloren, sind in ihre Heimat zurückgekehrt oder haben sich beruflich neu orientiert.
Hälfe wieder im Tourismus
Anders als vermutet, ist das Arbeitskräftepotenzial an ausländischen Arbeitnehmern, vor allem aus den östlichen EU-Staaten, nicht eingebrochen, es ist sogar gestiegen. Laut einer AMS-Auswertung für die "Wiener Zeitung" ist das Arbeitskräftepotenzial - also Personen, die dem hiesigen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen - von Mai 2019 bis Mai 2021 um 6,5 Prozent oder 20.861 Personen gestiegen.
Im Tourismus ist es aber im gleichen Zeitraum um gut 10 Prozent gesunken. Ähnliches gilt auch für Nicht-EU-Bürger. Und: "Aus den aktuellsten uns zur Verfügung stehenden Daten zeigt sich, dass von den Personen, die im Mai 2019 im Tourismus beschäftigt waren, im Mai 2021 55 Prozent davon noch/wieder in derselben Branche tätig sind", heißt es dazu seitens des AMS. Das bedeutet, dass fast die Hälfte aller Tourismus-Mitarbeiter aus 2019 jetzt etwas anderes machen. Im Handel ist übrigens der umgekehrte Trend zu beobachten. Hier ist das Arbeitskräftepotenzial gestiegen. Kurz- und mittelfristig kommen die Arbeitskräfte, die sich nun umorientiert haben oder in ihren Heimatländern Arbeit gefunden haben nicht wieder.
"Die Unternehmen hatten einen großen Vorteil: Sie konnten aus einem großen Pool an Arbeitskräften auch in Richtung Osten schöpfen", sagt der Tourismusexperte und Wifo-Ökonom Oliver Fritz zur "Wiener Zeitung". Während seit 2010 die Nächtigungszahlen und die Nachfrage an touristischen Dienstleistungen stark gestiegen sind, haben sich die Löhne in der Branche nur leicht nach oben entwickelt. "Wir hatten auf der Angebotsseite sehr günstige Bedingungen."
Imagewandel im Gange
Um dem Arbeitskräftemangel etwas entgegenzuwirken, plädiert Fritz für eine Senkung der Lohnnebenkosten. Das würde den Unternehmen mehr Lohnspielraum bieten.
Die Branche kämpft aber schon länger mit einem Imageproblem: Befristete Arbeitsverträge, unattraktive Arbeitszeiten und teils niedrige Löhne schrecken ab. Hinzu kommen laut Fritz teurer Wohnraum in vielen Tourismusregionen und kaum Kinderbetreuungsangebote. "Wir wollen Qualitätstourismus, und der kostet nun mal etwas", meint der Ökonom. Einige Hotels ködern nun Mitarbeiter mit Work-Life-Balance und einer Vier-Tage-Woche.