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Volle Wasserkraft voraus

Von Matthias Nagl

Wirtschaft

Für das Ziel der Energieautonomie bis 2050 investiert Tirol kräftig in den Ausbau von Wasserkraftwerken.


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Innsbruck. Nicht nur die Bundesregierung hat bei Österreichs Stromversorgung ambitionierte Ziele. Laut Regierungsprogramm soll der Stromverbrauch bis zum Jahr 2030 gänzlich aus erneuerbaren Quellen abgedeckt werden. Das Land Tirol, das kommenden Sonntag einen neuen Landtag wählt, will bis 2050 gänzlich energieautonom sein. Das heißt, der Strom soll nicht nur aus erneuerbaren Quellen kommen, sondern auch ausschließlich in Tirol erzeugt werden. Die schwarz-grüne Tiroler Landesregierung will das mit einer Halbierung des Stromverbrauchs und einer Ausweitung der Produktion von erneuerbaren Energiequellen um ein Drittel erreichen.

Nicht zuletzt deshalb wälzt der Landesenergieversorger Tiroler Wasserkraft AG (Tiwag) teils massive Ausbaupläne der Speicherkraftwerke in den Tiroler Hochgebirgstälern. Das ist auch im Sinne der neuen Bundesregierung. Diese legt in ihrem Programm ein "klares Bekenntnis" zum Ausbau der Wasserkraft- und Pumpspeicherkraftwerke ab.

Drei Großprojekte

Handelnder Akteur ist in Tirol aber das Land, schließlich befindet sich die Tiwag im Eigentum des Landes. Eines der größten angedachten Projekte wird die kommende Landesregierung bereits in Betrieb nehmen können. Das Gemeinschaftskraftwerk Inn an der Grenze zur Schweiz soll Anfang 2020 in Betrieb gehen. Das Projekt betreibt die Tiwag federführend, beteiligt an den Investitionskosten von 534,5 Millionen Euro sind die Engadiner Kraftwerken und der Verbund. Nach der Fertigstellung soll eines der dann größten Laufkraftwerke im Alpenraum 400 Gigawattstunden (Gwh) Strom erzeugen.

Ein anderes Großprojekt der Tiwag ist von einem Baubeginn noch relativ weit entfernt. Die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz soll um ein Pumpspeicherkraftwerk erweitert werden, sodass sich die aktuelle Kapazität von 450 GWh um 260 GWh jährlich erhöht. Da hat das Bundesverwaltungsgericht in zweiter Instanz bereits im vergangenen Sommer grünes Licht gegeben. Bis zum Baubeginn müssen aber noch weitere Einsprüche abgewartet werden.

Noch gänzlich im Projektstadium befindet sich das größte Vorhaben der Tiwag. Das Kraftwerk Kaunertal soll um 1,1 Milliarden Euro zu einer Kraftwerksgruppe ausgebaut werden und die aktuelle Leistung von 661 Gigawattstunden mehr als verdoppeln. Dafür wurden die Unterlagen für die Umweltverträglichkeitsprüfung zwar schon eingereicht. Doch realistischerweise wird sich der Spatenstich auch in der kommenden Legislaturperiode nicht ausgehen.

Widerspruch in der Regierung

Ein klares politisches Bekenntnis zum Ausbau gibt es von Landeshauptmann Günther Platter von der ÖVP. "Ich sehe keine Alternative zum Ausbau der Wasserkraft. Wenn man gegen Atomstrom ist - und das sind wir -, wenn wir nicht wie in Deutschland Kohlekraftwerke finanziell unterstützen wollen und wenn man bedenkt, dass die Windkraft bei uns nicht so möglich ist wie etwa im Burgenland, bleibt nur die Wasserkraft", sagt er. Nachsatz: "Ich sehe dafür auch eine Mehrheit in Tirol", so Platter.

So falsch dürfte Platter damit nicht liegen. Widerspruch zum Ausbau kommt nur von der Liste Fritz und, ausgerechnet, vom grünen Koalitionspartner. Konkret zum Projekt Kaunertal sagt etwa Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe von den Grünen: "Beim Projekt Kaunertal sind so viele Fragezeichen ungeklärt. Etwa im Bereich Wasserüberleitungen. Wasserkraft ist für Tirol wichtig. Das weiße Gold brauchen aber auch viele andere, etwa die Landwirtschaft, der Tourismus und der Naturschutz. Da gibt es so viele unterschiedliche Ansprüche. Ich gehe davon aus, dass sich die nicht so schnell klären lassen. Deshalb halte ich das Projekt Kaunertal für nicht realisierbar."

Opposition gespalten

Die Grünen setzen verstärkt auf Einsparungen durch eine Effizienzsteigerung, etwa durch eine Sanierungsoffensive, und einen "guten Energiemix". "Wasserkraft zählt in Tirol da natürlich dazu, aber natürlich braucht es auch andere Vorhaben für die nächsten Jahren. Wir sagen zum Beispiel volle Kraft für die Solarenergie", meint Felipe.

Unterstützung beim generellen Ziel der Energieautonomie bekommt die Landesregierung von der SPÖ, der derzeit größten Oppositionspartei. "Da bin ich einer Meinung mit der Landesregierung", sagt Spitzenkandidatin Elisabeth Blanik. Sie setzt einerseits auf Einsparungen vor allem beim Hausbrand, andererseits deutlich auf einen Ausbau der Wasserkraft. Da ist die SPÖ mit der ÖVP auf einer Linie. "Wir haben so ein strenges Naturschutzgesetz mit intensiven, langwierigen Verfahren. Dazu ist die Tiwag zu hundert Prozent im Landeseigentum. Da kann man davon ausgehen, dass durchaus umweltverträglich gebaut wird. Neue Kraftwerke sind für die Energieversorgung notwendig. Wir haben seit Jahrzehnten nicht mehr in sauberer Energie gebaut", sagt Blanik.

FPÖ für "Wasserzins"

Markus Abwerzger, Spitzenkandidat der FPÖ, sieht für die Pläne der Landesregierung im Hinblick auf Energieautonomie überhaupt schwarz. Zumindest in der aktuellen Konstellation. "Das Ziel wird mit Schwarz-Grün nicht zu verwirklichen sein. Wir haben in Tirol die Situation, dass die Wasserkraft die einzige erneuerbare Energiequelle mit viel Kapazität ist", so Abwerzger. Deshalb sieht die FPÖ den Ausbau der Wasserkraft mit leichten Einschränkungen auch positiv. "Prinzipiell stehen wir den Projekten positiv gegenüber. Man muss aber aufpassen, dass der Ausbau nicht zulasten der Gemeinden geht. Deshalb fordern wir, ähnlich wie in der Schweiz, einen Wasserzins, der die Gemeinden bei der Entnahme von Wasser durch den privaten Betreiber entschädigt", sagt der Tiroler FPÖ-Chef.

Für den Ausbau der Wasserkraft wird Platter also in jedem Fall willige Partner finden.