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Voller Kurs auf Neuwahlen

Von WZ-Korrespondent Ferry Batzoglou

Politik

Trotz des Debakels bei der Abstimmung will Griechenlands Premier Samaras an seinem Präsidentschaftskandidaten Stavros Dimas festhalten.


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Athen. Christos Aidonis sah ganz so aus, als sei er im siebten Himmel. Beglückt umarmte er im legendären Café im Athener Parlament Journalisten. Kurz zuvor hatte Aidonis im Plenum für Stavros Dimas gestimmt, den einzigen Kandidaten bei der überraschend vorgezogenen Präsidentenwahl im ewigen Euro-Sorgenland Griechenland. Aidonis ist einer der fünf unabhängigen Athener Abgeordneten, die den 155 Regierungsabgeordneten folgten. Die 160 Stimmen im ersten Wahlgang für Dimas, den eher farblosen Parteifreund von Regierungschef Antonis Samaras, sorgten im Regierungslager aus konservativer Nea Dimokratia (ND) und Pasok-Sozialisten für tiefe Ernüchterung. Klar war zwar schon im Vorfeld, dass die im ersten Anlauf von drei möglichen Wahlgängen erforderlichen 200 Stimmen auch nicht annähernd erreicht werden würden. Aber nur 160?

Anders als Aidonis und Co. enthielten sich 135 Abgeordnete der Stimme, neben den übrigen 19 unabhängigen Parlamentariern auch geschlossen alle Vertreter der fünf Athener Oppositionsparteien, darunter auch die linke Syriza von Alexis Tsipras. Ein "Nein" sieht die griechische Verfassung bei der Präsidentenwahl nicht vor.

Dass Dimas im zweiten Wahlgang am Dienstag die gleiche Hürde von 200 Ja-Stimmen nimmt, ist ausgeschlossen. Derzeit hat in Panagiotis Melas nur ein weiterer unabhängiger Parlamentarier erklärt, er werde von nun an für Dimas stimmen, womit er ob seiner überraschenden Stimmenthaltung im ersten Wahlgang Verwirrung stiftete. Im aller Voraussicht nach nötigen dritten Wahlgang am 29. Dezember reichen 180 Ja-Stimmen für die Präsidentenkür. Andere Unabhängige fordern für ihre Zustimmung zu Dimas die sofortige Bildung einer Übergangsregierung, ausdrücklich mit der Beteiligung der jetzigen Opposition, sowie die bindende Festlegung eines Termins für vorgezogene Parlamentsneuwahlen im Jahr 2015.

Die Interimsregierung solle demnach einen Sonderauftrag haben: auf Eis gelegten Verhandlungen mit Griechenlands öffentlicher Gläubiger-Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds über den weiteren Werdegang in der Causa Hellas fortzusetzen. Dabei sollten erstens die Notwendigkeit und der Umfang von weiteren Sparmaßnahmen und Steuer- und Abgabenerhöhungen, wie mit Nachdruck von der Troika gefordert, auf den Prüfstand kommen. Zweitens sei eine (erneute) Reduzierung der griechischen Staatsschuld vonnöten, so deren Lesart. "Die Lösung der Schuldenfrage hat oberste Priorität. Denn dies betrifft die nächsten vier, fünf Generationen der Griechen", hob der unabhängige Abgeordnete Jannis Kourakos hervor.

Neue Papandreou-Partei?

Überdies bleiben die oppositionellen "Unabhängigen Griechen" (Anel), die zwölf Abgeordnete zählen, sowie die Ex-Regierungspartei "Demokratische Linke" (Dimar) mit ihren zehn Abgeordneten, die im Tauziehen um die 180 Ja-Stimmen im Showdown am 29. Dezember eine Schlüsselrolle spielen, hart. Ihr Credo: Jetzt kein neuer Staatspräsident, dafür Parlamentswahlen. "Das Land braucht sofortige Neuwahlen", fordert hingegen Anel-Chef Panos Kammenos. "Zuerst brauchen wir eine neue Regierung, ohne Samaras und (Pasok-Chef) Venizelos. Die von der Troika diktierte Politik in Griechenland muss ein Ende finden", sagte er.

Samaras übt sich derweil in Durchhalteparolen. "Ich hoffe darauf, dass das Parlament einen Staatspräsidenten wählt", sagte er sichtlich konsterniert. Wie aus Regierungskreisen derweil verlautet, wird Samaras bis zum Schluss an Dimas festhalten, auch wenn so vorgezogene Parlamentswahlen unausweichlich werden sollten. Sie würden wohl schon am 25. Jänner stattfinden.

Unterdessen liegen bei den mitregierenden Pasok-Sozialisten die Nerven blank. Leonidas Grigorakos, stellvertretender Gesundheitsminister und enger Vertrauter von Pasok-Chef Venizelos, sprach sich am Donnerstag für eine Interimsregierung aus, wurde aber vom Parteichef zurückgepfiffen. Scheitert die Präsidentenwahl, will auch Venizelos schnelle Neuwahlen. Damit will er Ex-Premier Georgios Papandreou, der weiter für die Pasok im Athener Parlament sitzt, zuvorkommen. Denn Papandreou, Sohn des Pasok-Gründers Andreas Papandreou, hatte zuletzt unverhohlen die Wahl einer neuen Pasok-Spitze gefordert. Andernfalls werde er "Initiativen ergreifen". Will heißen: die Gründung einer neuen Papandreou-Partei. Dies würde nicht nur Venizelos noch ein paar Sorgenfalten mehr auf die Stirn treiben.