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Völlige Trivialisierung von "Bunga-Bunga"

Von Karin Strobl

Kommentare

Auch heimische Medien haben in der Berichterstattung über Ruby Rubacouri völlig unreflektiert und distanzlos einen Begriff übernommen, der ein erbärmliches Frauenbild nachzeichnet.


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In der Berichterstattung um die skandalösen Partys des italienischen Premiers Silvio Berlusconi wurde auch in österreichischen Medien immer wieder der Ausdruck "Bunga-Bunga" verwendet - distanzlos, selbstverständlich, als handle es sich dabei um ein akzeptables Gesellschaftsspiel. Zuletzt auch im "Standard" (am 7. Juni und später nochmals am 11. Juni im "Standard-Album"). Hier war zu lesen: "Ruby Rubacuori (18), Stargast bei Bunga-Bunga-Partys und am Opernball, ist schwanger." Wollte man sich davon distanzieren, hätte man "Bunga-Bunga" zumindest unter Anführungszeichen setzen müssen.

Wie konnte ein Begriff, der Frauen derart abwertet, so einfach den Weg in die in- und ausländische Presse und sogar in den alltäglichen Sprachgebrauch schaffen? Die "Bunga-Bunga"-Partys waren ein widerliches Gemisch aus Abhängigkeiten, Perversion, Machtmissbrauch und Geld. Ruby Rubacuori, die angeblich noch minderjährig war, als sie in Berlusconis Fänge geriet, wurde ihren eigenen Angaben zufolge schon als Kind von Verwandten vergewaltigt. Ein solches Schicksal unterscheidet sich gravierend vom Bild des lustigen und willigen Partygirls, das die Medien von ihr so gerne zeichnen.

Wie kommt es, dass eine durch Gewalttaten traumatisierte junge Frau, die der Prostitution zugeführt wurde, in der öffentlichen Wahrnehmung zur flotten Verführerin eines prominenten "Lustgreises" mutiert, über die mit Augenzwinkern berichtet wird?

Wie kommt es, dass ein Machthaber, der offenbar keinerlei moralische Grenzen kennt, als "Lebemann", sogar als "Verführer" verharmlost wird, der halt eine Schwäche für schöne und vor allem sehr junge Mädchen und für "ausgelassene Sexspiele" hat?

Das Frauenbild, das der saloppen Berichterstattung über die sexuellen Ausschweifungen Berlusconis zugrunde liegt, ist einfach erbärmlich. Kein Wort der Distanz. Hier wurde das skandalöse Verhalten eines mächtigen Politikers einfach "weggeschmunzelt", zum Stammtisch-Gespräch verdammt und damit völlig trivialisiert. So macht man den Missbrauch Minderjähriger salonfähig. Und die selbstverständliche Verwendung des Begriffs "Bunga-Bunga" trägt zur unzulässigen Verharmlosung der Vorfälle bei.

Aber "Bunga-Bunga" ist eben kein Synonym für lustiges Treiben unter Gleichrangigen, sondern ein Synonym für perverse "Spiele", für die sich Reiche und Mächtige junge Frauen kauften, als handle es sich um seelenlose Körper.

Dieser Gastkommentar gibt ausschließlich die Meinung des betreffenden Autors wieder und muss sich nicht zwangsläufig mit jener der Redaktion der "Wiener Zeitung" decken.

Karin Strobl ist Vorsitzende des "Frauennetzwerks Medien" und Chefredakteurin der "Regional-medien Austria".