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So konnte sich ein österreichisches Regierungsmitglied schon lange nicht mehr ins Szene setzen: Zunächst das forsche Auftreten gegen ein Pharmaunternehmen, das ein Arzneimittel für die Todesspritze über Umwege von Tirol in die USA lieferte; kurz danach folgt das von ihm erlassene Verbot des gesundheitsschädlichen Stoffs Bisphenol A in Babyfläschen. Beides bescherte Gesundheitsminister Alois Stöger in der Vorwoche publikumswirksame Auftritte in der ORF-"Zeit im Bild".
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Doch auch bei Qualitätszeitungen konnte sich der 50-jährige Mühlviertler zuletzt als Macher darstellen, als er in Sachen Spitäler-Finanzierung als jemand präsentiert wurde, der nun "Druck und Ernst" mache.
Die genannten Beispiele dürften kein Zufall sein, sondern vielmehr der Versuch einer radikalen Imagekorrektur. Wir erinnern uns: Schon wenige Wochen nach Amtsantritt galt Stöger als potenzieller Ablösekandidat des Kabinetts Werner Faymann/Josef Pröll - vor allem deshalb, weil sich der Oberösterreicher auf dem glatten Wiener Parkett nicht zurechtfand. Sein sprödes öffentliches Auftreten und die mangelnde Rückendeckung durch den Kanzler würden Stöger bald wieder aus seinem Büro in der Radetzkystraße befördert, wurde in Medien spekuliert.
Tatsächlich war auch der "Rucksack", den ihm Kanzler Faymann mit auf den Weg gab, nicht ohne: So wie als Obmann der von Finanzsorgen befreiten Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse sollte sich Stöger auch den Gesundheitsetat des Bundes vornehmen.
Nebenbei brachte er sich selbst durch ungeschicktes Vorgehen beim Rauchverbot, bei der Schweinegrippe oder beim Listerien-Skandal immer wieder in die Defensive. Und schließlich schuf er sich einen mächtigen Feind: "Faymanns Gesundheitsminister ist reif für eine Ablöse!", titelte die "Krone" im Herbst 2009. Anlass war ein Interview, in dem Stöger über höhere Steuern auf Kapitalerträge - inklusive Sparbücher - räsonierte. Doch während längst andere Minister mit und wegen der "Krone" ihre Probleme haben und als Ablösekandidaten gelten, hat Stöger wieder Tritt gefasst und weiß die durch die Heeresdebatte befeuerte Regierungskrise mit Sacharbeit für sich zu nutzen.
Dass er sich als Gesundheitsminister bis dato kein einziges Mal zu Zivildienst und Wehrpflicht geäußert hat, mag daher durchaus Kalkül sein. Im Vertrauensindex konnte der "neue" Stöger zuletzt schon reüssieren und von null auf plus vier Punkte zulegen.
Alles steht und fällt jedoch mit der Spitalsreform, für die bisher lediglich ein Fahrplan festgelegt wurde. Immerhin ist es gelungen, die Befindlichkeitsstörungen zwischen Hauptverband und Ministerium, die beide parallel ein Konzept erarbeitet haben, abzubauen und nun an einem Strang zu ziehen. Spannend wird aber sein, wie Stöger am Ende mögliche Leistungskürzungen durchbringen will - in den Ländern wie in der eigenen Partei.