Historische Aktien erzielen Preise bis zu 55.000 Euro. | Am Samstag werden 814 Papiere in Wien versteigert. | Wien. Während die Aktienkurse vieler Unternehmen in den letzten Monaten in den Keller rasselten, steigern historische Wertpapiere ihren Wert. "Das Sammeln von historischen Wertpapieren hat Potenzial", erklärt Heinz Weidinger, der 1981 die Handelsgesellschaft für historische Wertpapiere gegründet hat.
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Viermal im Jahr veranstaltet der Sammler der ersten Stunde Auktionen, davon zwei öffentliche und zwei kleinere Fernauktionen. Bei der Frühjahrsauktion an diesem Samstag um 10.30 Uhr im Hotel am Stephansplatz kommen 814 Papiere unter den Hammer, 200 Bieter werden erwartet.
Zu den Highlights der Auktion gehört eine kunstvoll gestaltete Gerngross-Aktie aus dem Jahr 1921, von der weltweit nur mehr sieben bis acht Stück erhalten sind und die für 9000 Euro ausgerufen wird. "Diese Aktie wurde bereits einmal um 18.000 Euro verkauft", erzählt Weidinger.
Ein Rekordergebnis erzielte die Gründeraktie der Wiener Komischen Oper (später Ringstraßentheater) von 1873 mit Originalunterschrift des damaligen Vorstandsdirektors Johann Strauß Sohn: Das Papier wechselte letztes Jahr bei einer Auktion in Frankfurt um 55.000 Euro den Besitzer, 25 Jahre vorher war es noch 18.000 Schilling (1308 Euro) wert. Weltweit gibt es nur vier bis fünf Stück dieser Aktie am Markt.
Rapid-Aktie für 45 Euro
Im Gegensatz zu Münzen oder Briefmarken ist der Markt für historische Wertpapiere überschaubar. Weltweit sind rund 100.000 Sammlerstücke übrig. "Obwohl es von einer Aktie oft Nummern bis zu 7000 gibt, sind manchmal nur 20 erhalten", erklärt Weidinger. Ein Großteil der historischen Wertpapiere wurde vor 30 bis 40 Jahren vernichtet, weil sie ihren Wert verloren hatten.
Aktien auf Papier sind heute eine Seltenheit: Zuletzt druckte Wolford kunstvolle Aktien mit einem Fresko von Gustav Klimt aus dem Kunsthistorischen Museum als Motiv. Auch die 1991 emittierte Rapid-Aktie erzielt inzwischen einen Rufpreis von 45 Euro.
"Der typische Sammler ist männlich und über 50 Jahre alt", sagt Weidinger. International schätzt Weidinger die Zahl der Sammler auf 8000 bis 10.000. Deutschland ist der größte Markt - dort werden wöchentlich historische Wertpapiere versteigert.
"Unsere Kunden handeln zu achtzig Prozent auch mit lebenden Papieren an der Börse. Manche verkaufen ihre aktuellen Aktien auch und legen sich historische Wertpapiere zu", so Weidinger. Obwohl sich historische Aktien als Vermögensanlage eignen, sollte die Lust am Sammeln an erster Stelle stehen.
Wesentlich für den Wert historischer Aktien sind ihre Geschichte, Originalunterschriften, Seltenheit und ihr Erhaltungszustand. Um die Wertpapiere vor Sonneneinstrahlung zu schützen, müssen sie sorgfältig aufbewahrt werden: "Ein echter Sammler hängt immer nur eine Kopie seiner Aktie auf", sagt Weidinger. Das Original wird am besten in Packpapier oder in Klarsichtfolien, die nicht schwitzen, aufgehoben.
Die wertvollsten Aktien stammen aus den Jahren 1871 und 1872, also vor dem Börsenkrach 1873. Oft spezialisieren sich Sammler jedoch auf bestimmte Jahre oder Motive wie Eisenbahnen; manche kaufen Aktien auch als exklusives Geschenk, bei denen das Motiv einen Bezug zum Beschenkten hat.
Der schöne Schein trügt
Potenzial zur Wertsteigerung haben laut Weidinger Industriewerte und Aktien von noch existierenden Firmen wie die Gründeraktie vom Fotografie-Experten Leica aus dem Jahr 1870. Keine großen Wertsteigerungen gebe es hingegen bei Schuldverschreibungen und Kriegsanleihen, denn davon sind viele erhalten.
Von der künstlerischen Gestaltung allein sollten sich angehende Sammler nicht täuschen lassen, sagt Weidinger: "Oft gilt: Je schöner die Aktie, desto schlechter der Betrieb."