RHI: "Jetzt haben wir Rechtssicherheit", Ansprüche von US-Asbestopfern befriedigt.
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Wien. Vor mehr als elf Jahren ist der RHI-Konzern nur um ein Haar an der Pleite vorbeigeschrammt. Der Grund für die damalige Insolvenzgefährdung waren drei amerikanische Töchter, gegen die asbestgeschädigte Arbeiter mit milliardenschweren Sammelklagen vor Gericht gezogen waren. Um unter dieser Lawine nicht selbst begraben zu werden, sah sich der Konzern gezwungen, seine US-Gesellschaften zu entkonsolidieren und sie in ein Insolvenzverfahren nach Chapter 11 (siehe Wissenskasten) zu schicken.
Nun sind diese Verfahren nach mehr als einem Jahrzehnt abgeschlossen. Auch was das Asbest-Thema betrifft, sind alle Schadenersatzansprüche damit "endgültig rechtssicher erledigt", so die RHI am Donnerstag. Außerdem erhält das Unternehmen noch 40 Millionen Dollar (umgerechnet 31 Millionen Euro) vom früheren Eigentümer einer der US-Firmen.
Die RHI, die unter anderem auf feuerfeste Verkleidungen für Industrieöfen spezialisiert ist, hatte in den USA kurz vor der Jahrtausendwende groß expandiert. Zugekauft wurden damals drei Unternehmen (Harbison Walker, A.P. Green und Narco), die es zusammen auf rund 400 Millionen Euro Umsatzvolumen brachten.
Zum Zeitpunkt dieser Übernahmen dürfte dem RHI-Vorstand allerdings nicht bewusst gewesen sein, dass Mitarbeiter dieser Firmen in der Vergangenheit und unter den Vorbesitzern schädlichem Asbest ausgesetzt worden waren. Es wurde quasi die Katze im Sack gekauft. Unter dem Strich kostete das US-Abenteuer die RHI laut ihrem Sprecher Philipp Teper rund 800 Millionen Euro. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Abschreibungen für die vom Konzern entkoppelten US-Töchter, die "sich heute zum Teil selbst gehören", wie Teper erklärt.
In der Bilanz 2001 hatten vor allem die Abschreibungen ein riesiges Loch gerissen - 870 Millionen Euro Verlust fielen an. Ohne Hilfe der Gläubigerbanken hätte die RHI damals nicht bilanzieren können, der Konzern wäre pleitegegangen.
Vor Ausbau des US-Geschäfts
"Nicht wirklich bezifferbar" sind laut RHI die eingeklagten Forderungen der Asbest-Opfer. Die Voreigentümer der US-Gesellschaften, Honeywell und Haliburton, hätten jedenfalls Fonds geschaffen, um alle Ansprüche bedienen zu können, so Teper.
Nach dem Abschluss der Chapter-11-Verfahren sieht die RHI nun die Chance, den US-Markt künftig wieder verstärkt zu bearbeiten. "Jetzt haben wir und unsere Geschäftspartner endgültig Rechtssicherheit", betont Teper. Die Chapter-11-Verfahren "waren auch der Grund, warum die RHI in den USA viele Jahre nichts machen konnte". Derzeit produziert der börsenotierte Konzern - Hauptaktionär ist der Industrielle Martin Schlaff - lediglich an zwei kleineren US-Standorten, in den Bundesstaaten Ohio und New York.
Wissen
Chapter 11 ist ein Abschnitt des amerikanischen Insolvenzrechts. Ein Unternehmen, das
in den USA nach Chapter 11 Insolvenz beantragt, strebt eine Reorganisierung und Restrukturierung seiner Schulden, seines Kapitals und sonstiger finanzieller Verpflichtungen an. Es
stellt sich damit unter Gläubigerschutz. Mit dem Insolvenzantrag nach Chapter 11 sollen demnach bis zum Abschluss
der Reorganisation rechtliche Schritte der Gläubiger gegen den Schuldner unterbunden werden.