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Vom Aufstieg und Fall der Oligarchen

Von Wolfgang Zaunbauer

Wirtschaft

Putin bekämpft die Oligarchen und sichert seinen Einfluss. | Wien. Seit dem Amtsantritt Wladimir Putins weht den russischen Oligarchen ein rauer Wind entgegen. Der starke Mann im Kreml begann einen Feldzug gegen Russlands neue Elite. Sein Ziel: Die staatliche Kontrolle über die wichtigsten Wirtschaftszweige.


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Als Oligarchen werden jene russischen Unternehmer bezeichnet, die im postsowjetischen Russland durch undurchsichtige Geschäfte zu enormem Reichtum und Macht kamen. Sie kontrollierten das Bankengeschäft und verfügten vor allem in der Jelzin-Ära über großen politischen Einfluss.

1995 schlug die Stunde der Oligarchen. Als Sicherheit für Bankkredite ließ die Regierung Aktienpakete staatlicher Unternehmen zu Schnäppchenpreisen versteigern und Männer wie Boris Beresowski bekamen den Zuschlag. Beresowski wurde Ölbaron und gleichzeitig Exekutiv-Sekretär der GUS und galt damit ab 1996 als mächtigster Oligarch Russlands. Ein anderer, Wladimir Gussinski, wurde zum führenden Medienmogul des Landes. Im Sog dieser ersten großen Oligarchen stiegen auch Michail Chodorkowski und Roman Abramowitsch auf.

Mit Putins Machtantritt änderte sich das Verhältnis zwischen der politischen und wirtschaftlichen Elite. Gussinski und Beresowski überwarfen sich mit der Regierung und gingen ins Exil. Ihre Wirtschaftsimperien wurden zerschlagen.

Gewinner des folgenden Ausverkaufs war Roman Abramowitsch. Er beerbte seinen früheren Mentor Beresowski und übernahm die Kontrolle über dessen Ölkonzern Sibneft. Abramowitsch war Dumaabgeordneter und Gouverneur der ostsibirischen Provinz Tschukotka. Als schließlich auch Sibneft ins Visier von Putins Ermittlern geriet, verscherbelte Abramowitsch sein Aktienpaket für 13 Milliarden Dollar an den Energiemulti Gazprom. Sein Rückzug aus der Politik und dem Ölgeschäft ersparte ihm das Schicksal von Beresowski, Gussinski und Chodorkowski.

Chodorkowskis Fehler

Chodorkowski beging zwei entscheidende Fehler, die sein Schicksal besiegelten. Zum einen verhandelte er 2003 mit dem amerikanischen Exxon-Konzern über eine 40-Prozent-Beteiligung an Yukos Oil. Eine solche amerikanische Kontrolle über russisches Öl wäre für die Regierung inakzeptabel gewesen. Der zweite Fehler war sein politisches Engagement. Putin hatte mit den Oligarchen zu Beginn seiner Amtszeit vereinbart, von strafrechtlichen Verfolgungen früherer Vergehen abzusehen, wenn sie sich ihrerseits aus der Politik heraushalten. Chodorkowski jedoch unterstützte die liberale Opposition mit Millionenbeträgen. Er selbst soll mit dem Präsidentenamt geliebäugelt haben. Damit überspannte er den Bogen und bekam die volle Härte des putinschen Regimes zu spüren.

Würdige Machtbasis

Die Ölsparte von Yukos ging an den staatlichen Ölkonzern Rosneft, dem der Leiter von Putins Präsidialkanzlei, Igor Setschin, als Aufsichtsratsvorsitzender vorsteht. Rosneft ist eng mit Gazprom verbunden. Dadurch wurde ein Konzern geschaffen, der mit den großen internationalen Ölmultis konkurrieren kann und der durch die Übernahme von Yukos auch mit großem innenpolitischem Einfluss ausgestattet ist. An der Spitze dieses Giganten könnte laut Russlandexpertin Angela Rustemeyer von der Universität Wien ab 2008 Wladimir Putin stehen. Dann "würde Gazprom/Rosneft eine würdige Machtbasis für die künftige Graue Eminenz in Russlands politischem Leben bilden".