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Internationalisierung lautet das Erfolgsgeheimnis für ein kleines Land wie Österreich in einer globalisierten Arbeits- und Wirtschaftswelt - und Mobilität ist der Weg, der zu diesem Ziel führt. Entsprechend war der bereits dritte Trialog 2003 von GPK, Management Club und "Wiener Zeitung" dem Karrierefaktor Mobilität gewidmet. Unter der Moderation von GPK-Chef und "Career"-Herausgeber Markus Gruber diskutierten Caroline Schindler (Donau Chemie), Thomas Plötzeneder (Lowe GGK) und Walter Koren (WKO Außenwirtschaft) über den Erfolgsfaktor Mobilität.
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Frank Stronach brach aus Weiz auf, um in Kanada sein Glück zu finden. Arnold Schwarzenegger eroberte Hollywood und Maria Shriver-Kennedy mit Muskeln, Geschick und starkem Akzent. Und der gebürtige Linzer Helmut Sohmen ist heute der Chef eines der größten privaten Handelsunternehmen der Welt.
Die Liste der aus Österreich stammenden Persönlichkeiten, die - getreu dem modernen Mythos vom Tellerwäscher zum Milliardär - in der Ferne ihren Weg gemacht haben, ließe sich noch lange fortsetzen. Sie alle verbindet die Bereitschaft zu Mobilität. Zwar entschlossen sich schon immer die Menschen, ihr Glück woanders zu versuchen, doch gab es in früheren Zeiten gute Beweggründe dafür: Hunger, Krieg und Verfolgung. Heute ist Österreich ein wohlhabendes Land mit hoher Lebensqualität. Dementsprechend verlockend ist auch die Versuchung, zu Hause zu bleiben. Unglücklicherweise lebt aber unsere Wirtschaft vom Austausch mit dem Ausland - und das in einem ständig steigenden Ausmaß. Allein in den letzten Jahren hat sich die Internationalisierung der Wirtschaft durch die Freizügigkeit innerhalb der EU und den steigenden Konkurrenzdruck für Unternehmen rasant beschleunigt. Egal ob Arbeitnehmer oder Unternehmer: Wer unter solchen Bedingungen bestehen will, muss offen für Neues und bereit zu Veränderungen sein - mobil eben.
Bei Bildungsmobilität im oberen EU-Drittel
Die Österreicher seien ein Volk der "Stubenhocker", so lautet eines jener gängigen Klischees, die mit Vorliebe von uns selbst am Leben erhalten werden. Dabei zeichnen die wenigen verfügbaren Daten ein durchaus anderes Bild, wie Moderator Markus Gruber zur Einleitung der Diskussion am letzten Mittwochabend feststellt. Tatsächlich liege Österreich bei der Bildungsmobilität im oberen EU-Drittel. Dies zeige sich etwa bei den Auslandssemestern der Studenten, die sich steigender Beliebtheit erfreuen. Laut Absolventenstatistik haben rund 35 Prozent aller Universitätsabgänger bereits einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt absolviert. Auch in die umgekehrte Richtung funktioniere die Internationalisierung der akademischen Bildungslandschaft. Rund 30.000 ausländische Studenten studieren derzeit in Österreich. An der Wirtschaftsuniversität Wien beträgt deren Erstsemestrigen-Anteil 30 Prozent.
Nicht ganz so beeindruckend sind die Zahlen bei Lehrlingen und Fachkräften: Hier hat die Organisation für Internationalen Fachkräfteaustausch (IFA) 2003 bisher zwar "nur" 420 Arbeitnehmer vermittelt, allerdings beträgt die jährliche Steigerungsrate in diesem Bereich beachtliche 50 Prozent.
Von dieser Bildungsmobilität muss jedoch die berufliche Mobilität unterschieden werden. Während erstere durchaus funktioniert, steht es um zweitere nicht gerade zum Besten.
Problemkind berufliche Mobilität
Untersuchungen zeigen, dass die EU-Arbeitnehmer eher selten bereit sind, im Ausland zu arbeiten. Dabei steigt der Bedarf von Unternehmen an mobilen Arbeitskräften stetig. Während etwa 64 Prozent der deutschen Unternehmen angeben, dass Mobilität eine wichtige Eigenschaft für Führungskräfte sei, sind nur 14 Prozent der befragten Arbeitnehmer daran interessiert, im Ausland zu arbeiten. Für Österreich kommt hier noch eine im internationalen Vergleich geringe Binnenmobilität hinzu. Während viele nicht zögern, wegen Studium oder Ausbildung das Elternhaus zu verlassen, ist die Bereitschaft zu Ortsveränderungen aufgrund beruflicher Notwendigkeiten verhältnismäßig gering. Schon die Aussicht auf St. Pölten wird da häufig zum unüberwindlichen Hindernis.
Was den EU-Arbeitnehmern an Motivation zur beruflichen Mobilität fehlt, bringen ihre mittel- und osteuropäischen Kollegen dagegen ausreichend mit. Sie suchen ihre Chancen, dort, wo sie sich ihnen bieten. Während aber die EU als Wirtschaftsstandort vom Zuzug hochqualifizierter Arbeitnehmer profitiere, bedeute der Verlust eben dieser Eliten für diese Staaten einen bedenklichen "Brain Drain", wie Caroline Schindler zu Bedenken gibt. Dies vor allem deshalb, weil hier die Bereitschaft zur Rückkehr in die Heimatländer in der Regel besonders gering ausgeprägt ist.
Mobilität ist mehr als die Bewegung im Raum
Mobil sein, beschränkt sich allerdings nicht darauf, ständig auf Reisen zu sein. Dementsprechend warnt Thomas Plötzeneder davor, Mobilität allein auf die Bewegungsfähigkeit im Raum zu beschränken: "Mobilität allein ist sinnlos, man muss sich auf die jeweilige Kultur einlassen." Erfolgreich könne nur sein, wer sich mit Land und Leute auseinander setze. So genannte "Ausländer-Kolonien", in denen man sich von der fremden Umgebung hermetisch abschirme und die Ausländer quasi unter sich bleiben, würden einen solchen Austausch verhindern, argumentiert der Geschäftsführer von Lowe GGK Wien. Aus Schindlers Sicht, die bereits im Ausland studierte, dort auch heiratete und in den USA, Frankreich, Italien und der Schweiz lebte und arbeitete, vermag Mobilität einen Beitrag zu "mehr Offenheit, Liberalität" zu leisten.
Deren Nutzen aus der Sicht der Wirtschaft beschreibt dann der Leiter der Außenwirtschafts-Abteilung der Wirtschaftskammer Österreich, Walter Koren: "Es geht um die Internationalisierung unserer Wirtschaft und Köpfe." Beim Tourismus und Export zeige sich, wie wichtig diese Internationalisierung für eine kleines Land ist. "Vor fünf Jahren waren wir noch kein Exportland", erklärt der Herr über 70 Auslandsbüros, der selbst vier Jahre in Teheran, drei Jahre in Tokio und auch noch in Mexico lebte.
Auch Unternehmer müssen motiviert werden
Wie kann jedoch Internationalisierung funktionieren, wenn der Anteil der Klein- und Mittelbetriebe 97 Prozent beträgt, aus Klein- und Mittelbetrieben besteht, fragt Gruber unter Hinweis auf die Unternehmensstruktur Österreichs. Laut Koren exportieren derzeit nur 5 Prozent der österreichischen Firmen. Sein Ziel ist es, diesen Anteil bis 2010 auf 10 Prozent zu verdoppeln. Das bedeutet aber auch, Unternehmen zu mehr Mobilität - und das heißt zu mehr Export - zu motivieren. Regel Nummer Eins laute dabei, den Begriff Export im Umgang mit Klein- und Mittelbetrieben zu vermeiden. In deren Augen sei nämlich das Engagement auf Auslandsmärkten nur etwas für die wenigen großen Unternehmen. Dabei würde jedoch übersehen, dass auch der Verkauf von Tiroler Tischlerei-Produkten nach Bayern oder Südtirol Beweis unternehmerischer Mobilität sei. Diese gelte es zu fördern und zu unterstützen, so Koren.
Die klein-unternehmerische Struktur Österreichs habe aber auch für die Mobilität von Arbeitnehmern negative Folgen, verweist Schindler auf die geringe Zahl großer, international agierender Konzerne. Denn nur solche können ihre Arbeitnehmer zu Auslandsengagements bei Tochterfirmen oder Konzernablegern entsenden. Hierzulande müsse man sich vor einem Auslandsaufenthalt stets fragen, was danach geschehe, so Schindler. Vor allem der Verlust von Netzwerken wiege schwer in einem Land wie Österreich. Schindler schließt daraus, dass Auslandserfahrung hierzulande noch immer zu wenig geschätzt werde. Auch herrsche bei vielen Unternehmen die Meinung vor, dass Englisch als Fremdsprache ohnehin ausreiche, kann Schindler, die vier Fremdsprachen beherrscht, eine gewisse Enttäuschung über mangelnde Wertschätzung am Arbeitsmarkt nicht verhehlen.
Um solche negativen Erfahrungen zu vermeiden, gelte es bei der Rückkehr aus dem Ausland "die richtige Karte zu spielen", so Plötzeneder. Wichtig sei, die erworbene Erfahrung abgestimmt auf die jeweiligen Branchen und Unternehmen genau abzustimmen. Auslandserfahrung werde gerade in seiner Branche besonders geschätzt, da "Werbung vom Austausch der Kulturen" lebe.
Eine Wirtschaft, aber geteilt in zwei Welten?
Das Problem eines "großen geschützten Arbeitssektors" in Österreich kam dann in der Publikumsdiskussion zur Sprache. Während sich die Privatwirtschaft durchaus erfolgreich der Herausforderung der Internationalisierung durch Mobilität stelle, bleibe jedoch der weite Bereich des Öffentlichen Dienstes von dieser Entwicklung weitgehend ungeschoren, so die Überzeugung eines Zuhörers.
Ein anderer verwies auf die Möglichkeit, Mobilität auch in Wien leben zu können: Kontakte zu Ausländern zu knüpfen schaffe nicht nur dankbare Gegenüber, sondern initiiere häufig auch gute Kontakte. Wo dies möglich ist? Praktisch täglich und überall, besonders aber auf Festen.