)
Getränke aus Soja, Hafer, Reis & Co werden immer beliebter. Nicht nur Veganer schätzen die pflanzlichen Alternativen zu Kuhmilch.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Es war Mitte 2018, als den New Yorker Coffeeshops plötzlich die Hafermilch ausging. Das süße und laktosefreie Getränk, in den 1990er Jahren von einem schwedischen Chemieprofessor entwickelt und vom Unternehmen Oatly mit Hauptsitz in Malmö auf den Markt gebracht, war so hip geworden, dass das Angebot mit der Nachfrage nicht mehr Schritt halten konnte. Auch im heurigen Frühjahr sorgten sich Starbucks & Co sowie der Lebensmitteleinzelhandel zeitweilig um den Haferdrink-Nachschub für die wachsende Schar der Liebhaber pflanzlicher Milchalternativen. Dabei hatte Oatly im April 2019 ein Werk in New Jersey eröffnet, um Engpässe auf dem US-Markt zu beheben.
Warum nicht mal einen Soja-Latte?
Konsumbeobachter orten weltweit eine steigende Beliebtheit von Pflanzendrinks. Nicht nur Veganer oder Menschen mit Laktoseintoleranz gießen sich statt Kuhmilch gerne Soja, Hafer, Mandeln, Reis oder Nüsse in flüssiger Form über das Müsli oder in den Kaffee. Manche wollen einfach einmal etwas anderes ausprobieren und wissen, wie ein "Soja-Latte" schmeckt. Als "Milch" darf man die pflanzlichen Getränke in der EU übrigens schon länger nicht mehr bezeichnen. Das ist Produkten vorbehalten, "die durch Melken aus der normalen Eutersekretion von Tieren gewonnen werden."
Ins Reformhaus braucht man auf der Suche nach Veggie-Drinks schon lange nicht mehr zu gehen, die Supermarktregale sind voll mit Tetrapaks und neuerdings auch Flaschen, deren Inhalt zwar wie Milch aussieht, aber keine Milch ist.
Die Umsätze mit pflanzlichen Milchalternativen steigen seit Jahren auch hierzulande. "Zwischen 2014 und 2018 hat sich das Wachstum in dieser Kategorie in Österreich fast verdoppelt. 2020 gab es ein Umsatzplus von 35,4 Prozent", heißt es von Lebensmittelhersteller und Pflanzendrink-Pionier Alpro, der zum französischen Danone-Konzern gehört. Alpro ist mit 36 Prozent Marktanteil die Nummer 1 in Österreich, gefolgt von der Mona Naturprodukte GmbH, ein Tochterunternehmen der US-amerikanischen Hain Celestial Gruppe mit Sitz in Wien. Der nach eigenen Angaben größte österreichische Produzent von pflanzlichen Milchalternativen (Marke "Joya") berichtet ebenfalls von einem Umsatzwachstum im zweistelligen Bereich. Zu den Bestsellern unter den Drinks zählen jene aus Mandel und Bio-Hafer oder der Kokos-Drink. Das Unternehmen versuche, die Rohstoffe so lokal wie möglich zu beziehen, heißt es.
Die Sojabohnen für die Joya-Sojadrinks wachsen in Österreich. Über 12.000 Landwirte bauen hierzulande Soja an. Im vergangenen Jahr ernteten sie 205.000 Tonnen. "Davon geht knapp die Hälfte direkt in die Lebensmittelproduktion im In- und Ausland", weiß Karl Fischer vom Verein Soja aus Österreich. Damit nimmt Österreich eine Vorreiterrolle ein, denn weltweit komme nur rund ein Fünftel der Soja-Ernte als Lebensmittel auf den Markt.
Die Erleichterung bei den Anbietern pflanzlicher Alternativen zu Milch und Milchprodukten war groß, als das EU-Parlament im Mai dieses Jahres den umstrittenen Änderungsantrag 171 zur Ausweitung des Bezeichnungsschutzes für Milch zurückzog. Wäre das nicht passiert, dann wären jetzt bei der Vermarktung pflanzlicher Produkte Ausdrücke wie "schmeckt wie Butter" oder "cremig wie Joghurt" sowie ähnliche Abbildungen verboten. Untersagt wäre es auch, den CO2-Fußabdruck pflanzlicher Milchimitate mit jenem von Milch zu vergleichen.
Große Unterschiede beim CO2-Fußabdruck
Dabei gibt es hier große Unterschiede. "Der Treibhausgas-Fußabdruck ist etwa bei einem heimischen Sojadrink nur ein Drittel so groß wie der von heimischer Kuhmilch", sagt Lukas Meus von Greenpeace Österreich. Für die Produktion von einem Liter Kuhmilch werde circa 13-mal so viel Fläche genutzt wie für die Produktion von einem Liter Sojadrink. Haferdrink verursache zwei Drittel weniger CO2-Emissionen gegenüber traditioneller Kuhmilch.
Greenpeace empfiehlt, beim Einkaufen genau hinzusehen. Ein Marktcheck habe ergeben, dass beispielsweise die Sojabohnen in den hierzulande erhältlichen Pflanzendrinks meist aus Europa stammen und nicht aus dem Regenwald. "Hafer und Dinkel in den Drinks kommen auch häufig aus Österreich. Mandeln und Reis sind auch aus den Nachbarländern beziehungsweise aus der EU erhältlich", so Meus. Ein Blick auf die Zutatenliste zeige, ob Zucker oder Zusatzstoffe enthalten seien. Das Angebot an Bio-Pflanzendrinks in den österreichischen Supermärkten sei im Übrigen sehr gut.
Auch die beiden größten Molkereien haben inzwischen Pflanzendrinks im Sortiment. Die Berglandmilch hat auf die geänderten Konsumgewohnheiten reagiert und unter der Marke Schärdinger einen Haferdrink in der Glas-Mehrwegflasche auf den Markt gebracht. Das bedeute aber keineswegs eine Abkehr von der Milch, sondern eine Ergänzung der Produktpalette. "Wir bleiben der Milch treu", betont Berglandmilch-Geschäftsführer Josef Braunshofer. Der Hafer für das Getränk stamme von österreichischen Bauern, damit bleibe die Wertschöpfung im Land.
Der Hauptbestandteil des Haferdrinks ist so wie bei Kuhmilch Wasser. Der süße Geschmack kommt von der im Hafer enthaltenen Stärke, die - verkürzt dargestellt - bei der Herstellung des Drinks durch Enzyme in Zucker zerlegt wird. Extra Zucker wird keiner zugesetzt, jedoch Sonnenblumenöl, Speisesalz und das Geliermittel Gellan. Das macht das Getränk vollmundiger und gehaltvoller. Von Latella, dem Fruchtmolke-Produkt aus dem Hause Berglandmilch, gibt es ebenfalls bereits zwei Drinks auf Haferbasis. Berglandmilch-Konkurrentin NÖM bietet ein pflanzliches Kakaogetränk aus Hafer an. Wer Laktose nicht verträgt oder aus ökologischen Gründen auf Kuhmilchprodukte verzichtet, sollte bedenken, dass Getreidedrinks weniger Eiweiß, Kalzium und Vitamine enthalten, betont Braunshofer."