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Vom Fluss zum Virus

Von Alexandra Grass

Wissen

Forscher berichten von erfolgreichen Impfversuchen an Rhesusaffen.


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Wien. Kein Händeschütteln, keine sexuellen Kontakte und keine privaten Beerdigungen. So lautet derzeit die offizielle Empfehlung an die ugandische Bevölkerung. Seit dem erneuten Ausbruch des Ebola-Virus in dem afrikanischen Staat vor etwa drei Wochen sind bereits 14 Menschen verstorben.

Die Seuche hat mittlerweile die 1,5 Millionen Einwohner zählende Hauptstadt Kampala erreicht. Dort starb mindestens ein Mensch an der hochansteckenden Erkrankung. Sieben Ärzte und 13 Arzthelfer befinden sich derzeit in Quarantäne. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO trat das tödliche Virus bis dahin im Bezirk Kibaale auf, rund 170 Kilometer westlich der Hauptstadt. Seit der Entdeckung des Virus im Jahr 1976 gab es rund 15 Epidemien in Afrika mit insgesamt mehr als 1300 Toten.

Bisher trat das Virus, das in direktem Kontakt über Körperflüssigkeiten wie Speichel, Stuhl, Urin oder Sperma - vor allem aber über das Blut - übertragen wird, nur in Afrika auf. Benannt ist es nach dem kleinen Seitenfluss Ebola in der Demokratischen Republik Kongo, wo es erstmals isoliert werden konnte.

Tierstudie für Impfung

Das Virus zählt zu den gefährlichsten überhaupt, schrieben jüngst Forscher um John Dye vom US Army Medical Research Institute for Infectious Diseases in Maryland in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften. Darin präsentierten sie eine Tierstudie, nach der eine nachträgliche Impfung vor Ebola schützen kann. Bekamen Rhesusaffen wenige Minuten bis Tage nach einem Kontakt mit den Viren Antikörper dagegen, erkrankten sie entweder gar nicht oder nur leicht.

Für den Menschen gibt es derzeit noch keine wirksame Therapie - weder davor noch währenddessen. Die Behandlungsmöglichkeiten liegen lediglich in der Bekämpfung der Symptome. Vor allem die Blutungsneigung macht hier den Medizinern zu schaffen. "Die Gefäße werden leck und die Leute verbluten innerlich", schildert Herwig Kollaritsch, Leiter der Abteilung Epidemiologie und Reisemedizin der Medizinischen Universität Wien.

Sterblichkeit bei 80 Prozent

Der Ebola-Erreger, der zur Familie der Filoviren zählt, kann beim Menschen und anderen Primaten ein sogenanntes hämorrhagisches Fieber auslösen, wobei die inneren Blutungen häufig zum Versagen lebenswichtiger Organe, wie etwa der Lunge, führen. Die Sterblichkeit liegt zwischen 50 und 80 Prozent, so der Mediziner im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", und hängt auch davon ab, mit welchem Virusstamm sich der Mensch infiziert hat. Im Falle des aktuellen Ausbruchs handle es sich um den sogenannten Sudan-Virusstamm.

Erkannt wird die Erkrankung im Anfangsstadium an hohem Fieber, Erbrechen und teilweise blutigem Durchfall und Urin. Das Virus kann nur im Labor im Blut, im Urin oder im Speichel zweifelsfrei nachgewiesen werden.

Hauptwirt Nilflughund

Es gibt Hinweise darauf, dass Nilflughunde die Hauptwirte des Virus sein könnten. Bei drei Arten Früchte fressender Fledermäuse in Gabun und Kongo wurden die Erreger während einer Ebola-Epidemie festgestellt, ohne dass die Tiere erkrankt waren.

Kollaritsch ist überzeugt davon, dass "wir uns sehr wenig Sorgen machen müssen". Für die Medizin im Allgemeinen und speziell auch für die Reisemedizin sei das Virus "eher unbedeutend". Da die Erkrankten rasch schwer krank und bettlägerig seien, könnten sie auch schnell diagnostiziert und in Folge unter Quarantäne gestellt werden. Die Ansteckungsmöglichkeit wird damit eingedämmt. Ugandas Präsident Yoweri Museveni forderte in einer Rundfunkansprache die Bevölkerung auf, Verdachtsfälle bei den Behörden zu melden. Einem hohen Risiko sind vor allem Krankenhausmitarbeiter ausgesetzt. Für Touristen gebe es im Normalfall keine Gefahr, so Kollaritsch.

Wunder High-Tech wertlos

Der Verlauf und die Überlebenschance hängt vor allem von der Viruslast im Körper ab. Je weniger Erreger und je länger die Krankheitsdauer, umso eher besteht die Möglichkeit, dass der Körper das Virus erkennt und erfolgreich dagegen ankämpfen kann. Auch wäre die Letalität vermutlich unter westlichen intensivmedizinischen Bedingungen deutlich geringer, betont Kollaritsch, wiewohl auch die High-Tech-Medizin hier keine Wunder vollbringen kann.

Auf jeden Fall "ist Ebola ein dummes Virus", erklärt der Mediziner, "ein kluges Virus - wie etwa die Influenza - würde seinen Wirt nicht umbringen". Denn es braucht ihn für seine Vermehrung.