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Vom Glück der Langsamkeit

Von Judith Belfkih

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Schneller, höher, weiter. Und dann noch ein bisschen schneller. Zeit ist schließlich Geld. Und das regiert die Welt. Zumindest an der schönen blanken Oberfläche. Auf der schlitterten auch zwei deutsche Studenten durch ihr Studium und machten ihren Abschluss in vier statt elf Semestern. Um schneller auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sein zu können. Dort sind sie auch schon mit offenen Armen empfangen worden. Und haben jetzt mindestens vierzig Jahre bis zur Pensionierung Zeit, um zu überlegen, ob die Eile sich denn gelohnt hat. Ein Buch haben sie auch über ihren Erfolg geschrieben und mit "Die Turbo-Studenten" noch (finanziellen und medialen) Mehrwert aus dem Blitzstudium generiert. Ein gemächlicher intellektueller oder persönlicher Reifungsprozess kann es in 20 Monaten Studienzeit wohl nicht gewesen sein.

Einer der Studenten wurde nun aber für seine Eile bestraft: Er hatte beschlossen auch nur vier Semester lang Studiengebühren zu zahlen, die Uni ging vor Gericht, der Student verlor. Er habe alle Kurse besucht, also alle Leistungen konsumiert und müsse daher auch die volle Gebührensumme zahlen. Zeit spiele dabei keine Rolle.

Doch auch die Forschung verdirbt den jungen Herren ihren ungetrübten Erfolg. Erstens braucht gut Ding offenbar wirklich Weile, wie eine Reihe von Experimenten zeigt, die erst nach Jahren erste Ergebnisse liefern. Und zweitens haben Wissenschafter bewiesen, dass Glück etwas ist, das Zeit braucht, um sich einzustellen. Und auch so etwas wie Genie ereilt nicht in Rekordzeit. Für den Arbeitsmarkt ist beides nicht zwingend erforderlich.