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Vom Gratiskaffee bis zum überraschenden Blumengruß

Von Christiane Oelrich

Wissen

Hat Ihnen ein Unbekannter in der Kantine schon einmal einen Kaffee bezahlt? Ist das vor der Haustür abgestellte Müllsackerl von unbekannter Hand zur Abfalltonne getragen worden? Nicht wundern, sondern freuen. Vielleicht waren die guten Geister von der Stiftung "Spontane Freundlichkeit" inspiriert, die aus Denver im US-Bundesstaat Colorado eben das fördern will: Spontane Freundlichkeit.


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"Wir wollen Menschen helfen, netter zueinander zu sein", sagt Nancy Foster von der Stiftung. "Liebenswürdigkeit kann Menschen verändern: Sie kostet nichts, gibt einem aber viel." Die Stiftung sprüht vor Ideen. "Verschenk eine Blume! Gib großzügiges Trinkgeld! Back Kekse für Feuerwehrleute!", schlägt sie vor. "In der heutigen schnelllebigen Gesellschaft vergessen die Menschen manchmal, sich um andere zu kümmern", sagt Foster.

"Welche Weisheit ist größer als die Freundlichkeit?", zitiert die Stiftung den französischen Philosophen Jean Jacques Rousseau und gibt demjenigen, der sich vom Sinn des Freundlichseins noch überzeugen muss, ein paar Gedankenanstöße. Eine Kostprobe: "Freundlichkeit zu geben, ist unheimlich schwer - sie kommt immer zurück." Oder: "Denk daran, ein freundlicher Akt ist niemals klein. Jeder Akt ist wie ein ins Wasser geworfener Stein: Die Wellen sind endlos."

Das bestätigt Chris, der der Stiftung begeistert von einem solchen Akt der Freundlichkeit berichtet hat. Jeden Morgen schlurft er auf dem Weg zur Arbeit am selben Cafe vorbei und bestellt Kaffee und Kuchenstück. "An einem kalten dunklen Morgen sagte mir die Bedienung, der Kaffee sei bereits bezahlt. Jemand habe Geld für 20 Kaffee dagelassen, ich sei Nummer 8. Ich blieb und sah die Leute an, die nach mir kamen. Zuerst blickten wir uns alle nur verstohlen um, aber dann breitete sich überall das Lächeln aus."

Die Stiftung hat sechs bezahlte Mitarbeiter, die Ideen für Schulen, Vereine und Gemeinden entwickeln, die Liebenswürdigkeitsinitiativen starten wollen. Für Schulen schlägt die Stiftung etwa vor, dass ältere Schüler jüngere für einen Tag "adoptieren", mit ihnen die Pause verbringen und zusammen spielen. Vereine könnten einen bunten Abend für Altersheimbewohner organisieren. Nachbarn könnten etwa gemeinsam morgens Kaffee an im Stau stehende Pendler ausschenken. Die Stiftung gibt kostenlos detaillierte Arbeitsblätter ab, wie solche Initiativen gestartet und durchgeführt werden können.

Eine obdachlose Frau soll den Trend zur Freundlichkeit Anfang der neunziger Jahre ausgelöst haben. Auf eine Papierserviette schrieb sie in einem Cafe in Berkeley in Kalifornien: "Unternehmt Gesten spontaner Freundlichkeit und sinnloser Schönheit!" Die Serviette wurde legendär und führte schließlich 1993 zu einem Buch, in dem Austeiler und Empfänger spontaner Freundlichkeit ihre Geschichten erzählten. Der Herausgeber, Conari Press, war von der Resonanz so überwältigt, dass 1995 die Stiftung entstand.

Spontane Freundlichkeit produziert nicht nur den wohlgefälligen Gutfühlfaktor sondern hat auch handfeste Gesundheitsnutzen. Eine Studie mit mehr als 3.000 Teilnehmern fand 1991 heraus, dass hilfsbereite Menschen in aller Regel gesünder waren als Miesepeter. "Anderen zu helfen erhält die Gesundheit und kann die Folgen leichter und ernster Krankheiten psychologischer und psychischer Natur mindern", schloss der Autor, Allan Luks.

Die Operation in Denver funktioniert mit Unterstützung eines freundlichen Gönners, der jedes Jahr 5 Mill. Dollar (5,72 Mill. Euro/78,7 Mill. Schilling) zur Verfügung stellt. Der Spender will aber anonym bleiben. Inzwischen sind zehn Länder in einer "Weltbewegung für Liebenswürdigkeit" organisiert, darunter Japan, Italien, und Südkorea - Deutschland bisher nicht. dpa

Internet: http://www.worldkindness.org.sg