Zum Hauptinhalt springen

Vom Gründer zum Masseverwalter

Von Clemens Neuhold

Politik

Stronach geht. Was bleibt, sind über 40 Millionen Euro an Parteiförderung.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Der 27. September 2012, da bin ich sicher, das ist ein sehr wichtiger Tag, der in die Geschichte Österreichs eingehen wird und auch in die Geschichte der Welt."

An diesem Tag wurde das Team Stronach gegründet und "Frank" war ganz euphorisch. Nicht einmal 1,5 Jahre später wird die Partei, wie man sie kennt, tatsächlich in die Geschichte eingehen - aber im Sinne von eingegangen. Denn nächste Woche kommt Stronach zu Besuch aus Kanada und kündigt seinen Rückzug aus der aktiven Parteipolitik an. Seinen Abgeordnetensessel übergibt er an seinen Pressesprecher. Doch der Milliardär und seine Traumkarriere, die den "kleinen Mann" beflügelte, waren der Grund, warum die Leute das Team Stronach wählten. Wer soll ein Team ohne Stronach wählen?

Rote Laterne für Nachbaur

In aktuellen Umfragen liegt die Partei, die noch im Herbst bis zu zwölf Prozent erreichte, bei zwei Prozent. Kathrin Nachbaur, der Stronach die Partei überlässt, bekommt im Vertrauensindex von APA/OGM die "rote Laterne" hinter Heinz Christian Strache.

Kathrin Nachbaur wirft im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" die Flinte trotzdem nicht ins Korn. "Wir werden die Menschen mit unseren Vorschlägen wieder überzeugen." Und sie hält fest: "Stronach bleibt unser Obmann." Sie sieht ihn künftig in der Rolle eines Art "Aufsichtsratsvorsitzenden". Ein Kenner der Partei unkt: "Als solches kann er jetzt den Konkurs abwickeln."

Steuergeld gibt’s automatisch

Stronach, der Wirtschaftsmagnat und Parteigründer, als sein eigener Masseverwalter? Masse gibt es beim Team Stronach jedenfalls noch genug. Stronach hat 32 Millionen Euro aus seiner Privatschatulle in die Partei gesteckt. In den nächsten fünf Jahren sprudeln nun über 40 Millionen Euro an Steuergeld in die Partei zurück. Alleine die Bundespartei bekommt jährlich rund fünf Millionen Euro an Förderung für die Partei, den Klub und die Akademie. Dazu kommen Millionen, die nach Niederösterreich, nach Kärnten und Salzburg fließen. Dort holte das Team Stronach bei Landtagswahlen zwischen neun und elf Prozent der Stimmen.

Ein Teil von Stronachs Gaben an die Landesparteien waren Darlehen. Bis zu zehn Millionen Euro müssen nun bis 2023 zurückgezahlt werden. Deswegen ist es entscheidend, wer in der Parteizentrale an der Kasse sitzt und den Parteivorstand besetzt. Der besteht derzeit aus Frank Stronach, Kathrin Nachbaur und Stronachs Mitarbeiterin Denise Pucher.

Droht Selbstzerfleischung?

"Zieht sich Stronach aus dem Vorstand zurück, gehen sofort die Diadochenkämpfe los", sagt ein Parteikenner. In Lauerstellung sieht der Insider den ehemaligen Stronach-Klubchef Robert Lugar, die Steiermark-Chefin des Teams, Waltraud Dietrich, und Kathrin Nachbaur. "Die würden sich zerfleischen." Im Hintergrund zieht Stronachs Anwalt und Vollstrecker Michael Krüger die Fäden. Der FPÖ-Kurzeit-Justizminister ist Anwalt des Team Stronach.

So viel Fleisch noch finanziell an den Rippen der Partei hängt, so wenig Fisch oder Fleisch ist die Partei inhaltlich. Deswegen beginnt jetzt von Klagenfurt über St. Pölten bis Salzburg das Ringen um ein eigenes Profil für die Zeit nach Stronach, um die nächsten Wahlen zu überleben. Das beginnt beim Namen. Das Team Stronach in Kärnten wird sich in "Team Kärnten" umbenennen. In Niederösterreich steckt die Partei im Dilemma, dass sich eine Gruppe Parteirebellen unter dem Namen "Team Niederösterreich" abgespalten hat. Diese Variante ist dem verbliebenen "Team Frank Stronach für Niederösterreich" also verbaut. Nun paralysieren sich die beiden Gruppen im Landtag und keiner kennt sich mehr aus.

Parteiname als Denkmal

In Salzburg hat Stronach-Mann Hans Mayr, der in der Regierung sitzt, den Plan einer Umbenennung verworfen. "Momentan ist der Name angekratzt. Aber jeder kennt den Namen Stronach und weiß etwas damit anzufangen", hofft er, dass Stronachs Wahlkampfpannen und TV-Auftritte wieder in Vergessenheit geraten. Dann bliebe "Stronach" ein Denkmal in der Parteienlandschaft.

Und auch auf Bundesebene sieht es nicht nach einem "Team Österreich" aus. Nachbaur geht davon aus, dass der Name Team Stronach bleibt. "Der Name steht für Wirtschaftskompetenz. Und das ist unsere Kernbotschaft."

Nachbaur will die Partei als Vertreterin der Selbständigen positionieren. Der Salzburger Mayr sieht sich als "zutiefst bürgerliche Wirtschaftspartei" und in Kärnten heißt das neue Profil: "liberale Wirtschaftspartei".

Eine liberale Wirtschaftspartei gibt es bereits in Österreich, die heißt Neos und liegt bei Umfragen über zehn Prozent. Das heißt, das Team Stronach schickt sich an, mit den Neos um enttäuschte ÖVP-Wähler zu rittern - eine sehr kleine Nische im Vergleich zu den Anfängen. Als Protestpartei sahnte das Team Stronach sehr stark bei der FPÖ ab. Doch dieser Protest-Bonus ist Geschichte.

FPÖ-Chef Heinz Christian Strache kann nun in Ruhe wieder die verlorenen Stimmen einsammeln. Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich bei der Europa-Wahl. Ob das Team ohne Stronach dort überhaupt antritt, ist noch offen. Denn noch hat Nachbaur keinen geeigneten Kandidaten: "Ich kann es mir nicht leisten, nicht mit der richtigen Person anzutreten." Die "Oberösterreichischen Nachrichten" bringen Ex-BZÖ-Chef Josef Bucher ins Spiel. Auch die Ex-BZÖler Stefan Petzner und Peter Westenthaler hatten in der Vergangenheit Kontakt mit Stronach.

Die Frage, ob sich das Team den EU-Wahlkampf "leisten" kann, ist auch sprichwörtlich zu nehmen. Denn Stronach hat den Geldhahn längst zugedreht.