Natürlich gibt es Möglichkeiten, im Gesundheitssystem viel Geld zu sparen. Den Preis dafür würden aber die Patienten zahlen. Ein düsterer Blick in eine Zukunft nach der Reform.
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Die Hausärzte bieten angesichts des Finanzbedarfs der Kassen kaum Einsparungsmöglichkeiten. Selbst wenn man alle Hausärzte ausweisen und ihr Vermögen versteigern würde, wäre das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, denn die Ausgaben für die niedergelassenen Ärzte betragen nur etwa 14 Prozent der Gesamtausgaben für Gesundheit ("etwa" deshalb, weil keine genauen Zahlen zu bekommen sind; meist werden die Kassenambulatorien oder die Kosten für Krankenstände dazugerechnet, die dort rechtens nichts zu suchen haben, die wahren Kosten sind eher geringer als 14 Prozent).
Die Spitäler kosten am meisten - aber ohne Eingriffe in die Spitäler sind substanzielle Einsparungen nur solcherart möglich, dass man den Patienten die meisten Wünsche nach ärztlicher Hilfe möglichst nachhaltig vermiest.
Und das geht so: Zuerst muss man die existierenden niedergelassenen Ärzte, die ein Haufen von idealistischen, schwer erpressbaren Individualisten sind, an die Kandare nehmen. Dazu muss man ihre Arbeit erschweren (Behandlungsrichtlinien unter Drohung, Dokumentationspflicht unter Drohung, Herbeireden eines nicht bestehenden Qualitätsdefizits, Kontrolle durch staatliche Aufpasser unter Drohung des Vertragsentzugs statt der bereits installierten und funktionierenden Qualitätssicherung, finanzielle Aushungerung).
Dann kann man darangehen, ihre Zahl zu reduzieren, indem man die Planstellen vermindert und bei den verbleibenden Ordinationen die Ordinationsübernahme durch zeitlich limitierte Verträge und niedrige Honorare zum Himmelfahrtskommando macht.
Wenn die Hausärzte und alle anderen niedergelassenen Ärzte durch Berufserschwernis, Drohungen und finanzielle Aushungerung gefügig gemacht sind, können die "Ambulanten Versorgungszentren" (AVZ) als Ersatz für sie errichtet werden. Diese werden durch Gesellschaften betrieben, etwa die Firma Billigkauf oder den Konzern Corporate Investments Inc, denn diese führen die AVZ kostendeckend. Statt zu seinem Hausarzt (den gibt´s mittlerweile nicht mehr) geht der Patient dann ins Ambulante Versorgungszentrum, wo er einem angestellten Arzt gegenübersitzt.
Die AVZ sind relativ weit vom Wohnort entfernt (es gibt ja nur wenige, aber dafür große), sie sind kundenfreundlich Tag und Nacht geöffnet (stets mit langen Schlangen von wartenden Patienten), und pro Arztstelle kümmern sich gleich fünf angestellte Ärzte abwechselnd um die Patienten (Arbeitszeitgesetz!).
Den angestellten Arzt, dem die Patienten also gegenübersitzen, kennen sie nicht. Er hört sich alles an, insgesamt kann es ihm aber durchaus herzlich egal sein, denn er wird immer gleich bezahlt - egal, ob die Patienten ihn mögen und achten oder nicht.
Behandelt wird nach sogenannten "Guidelines" (welche die Reform bereits jetzt allen Ärzten aufzwingen will), die genau vorherbestimmen, was in welchem Fall zu tun und zu lassen (und zu dokumentieren) ist. Therapiefreiheit, ärztliche Kunst: Das war einmal.
Viele Patienten werden auf die Ambulanten Versorgungszentren verschüchtert oder mit Verweigerung reagieren (was ja auch Einsparungen bringt) - bis es halt dann zu spät sein wird, in ihrem speziellen Fall. Pech aber auch!
So wird also die Zukunft der Gesundheitsversorgung aussehen, wenn die von der Wirtschaftskammer geplante und vom Ministerium noch erheblich verschlimmerte, ja vergiftete "Reform" tatsächlich realisiert werden sollte.