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Vom Hintergrund ins grelle Licht

Von Werner Reisinger

Politik

Ist Norbert Hofer eine autoritäre Präsidentschaft zuzutrauen?


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Wien. Was politische Beobachter noch vor Monaten als äußerst unwahrscheinlich abtaten, woran die eine Hälfte des in zwei unversöhnliche Lager gespaltenen Landes noch nicht einmal denken wollten, ist eingetreten. Österreich könnte seinen "blauen Montag" erleben. Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik ist möglich, dass ein Vertreter einer Partei, die im europäischen und internationalen Ausland regelmäßig als rechtsnational oder rechtsextrem eingestuft wird, in die Hofburg einziehen wird.

Sollte es sich für Hofer ausgehen: Wird er die Spielräume des Amts tatsächlich voll ausschöpfen, wie er es immer wieder angekündigt hat? Steht nun eine autoritäre Präsidentschaft bevor? Angst und gespannte Erwartung auf der einen, begeisterter Überschwang und Jetzt-erst-recht-Rhetorik auf der anderen: Norbert Hofer ist (fast) am Ziel.

Pragmatisch und deutschnational

Dabei sah es zu Beginn des Wahlkampfs noch ganz anders aus. Vier Kandidaten hatten ihr Antreten zur Wahl bereits bekanntgegeben, doch der Parteichef ließ sich Zeit mit der Entscheidung, wer kandidieren sollte. Lange war die Rede davon, die unabhängige Irmgard Griss zu unterstützen. Nach einem Hearing vor FPÖ-Spitzenfunktionären war den blauen Strategen aber schnell klar: Griss würde das angeschwollene blaue Wählerpotenzial nicht voll ausschöpfen können, zu liberal waren ihre Ansichten in den von der FPÖ besetzten Themenbereichen. Ursula Stenzel? Zu bürgerlich, zu wenig Bodenhaftung. Rechnungshof-Präsident Josef Moser galt für Journalisten lange als mögliche Option, sagte aber ab. Schließlich brachte sich sogar der Parteichef selbst ins Spiel - ein nicht ganz ernst gemeinter, aber die Umfragen weiter befeuernder Spin. Hofer sei immer der Wunschkandidat Straches gewesen, sein später Entschluss anzutreten sei Hofers Gesundheitszustand (der passionierte Sportflieger leidet nach einem Unfall an einem inkompletten Querschnittssyndrom) geschuldet gewesen, ist sich der langjährige Hofer-Vertraute und burgenländische FPÖ-Chef Johann Tschürtz sicher.

Als "Alibi-Liberaler" wurde Straches langjähriger Stellvertreter in den Medien immer wieder bezeichnet. Er gilt als einer der wenigen Pragmatiker in der Partei, und von FPÖ-typischen Scharfmachern wie dem EU-Abgeordneten Harald Vilimsky oder Barbara Rosenkranz, deren Antreten zur Wahl 2010 von ihren Äußerungen zur NS-Zeit geprägt war, hebt sich Hofer durch ein besonnes und verbindlich wirkendes Wesen ab. Auch wenn er penibel darauf achtet, dass seine Weste weiß bleibt - Berührungspunkte zu Rechtsaußen hat der 1971 im steirischen Vorau geborene und im burgenländischen Pinkafeld aufgewachsene Hofer allemal.

Partei-Ideologe und Arbeitstier

Innerhalb der Partei gehörte er immer dem stramm deutschnationalen Flügel an. Seit langem ist Hofer Mitglied der "pennal-conservativen Burschenschaft Marko-Germania zu Pinkafeld", einer schlagenden Verbindung, deren Verhältnis zur österreichischen Nation alles andere als eindeutig ist. Die Burschenschaft "lehnt die geschichtswidrige Fiktion einer ‚österreichischen Nation‘ ab", die "seit 1945 (...) in den Gehirnen der Österreicher festgepflanzt" worden wäre, ist etwa in einer Festschrift der Marko-Germania zu lesen.

Als der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf, der jahrelang wegen seiner rechtsextremen Äußerungen und Verbindungen kritisiert wurde, sich schließlich wegen einer Stiftungsaffäre aus der Politik zurückzog, übernahm Hofer nach den Nationalratswahlen 2013 dessen Amt. Mit Grafs Tradition, sich mit Mitarbeitern aus einschlägigen Kreisen zu umgeben, brach Hofer offensichtlich nicht. Er stehe voll hinter seinem Bürochef Rene Schimanek, sagte Hofer in einer TV-Konfrontation. Schimanek trat in den Achtzigern auf Demonstrationen des Neonazis Goffried Küssel auf, er war Mitglied der paramilitärischen Kameradschaft Langenlois.

Hofer selbst aber trat in der Vergangenheit selten ins grelle Licht der Öffentlichkeit, agierte stattdessen eher im Hintergrund und nahm sich arbeitsintensiven Aufgaben an. Er gilt als einer der wichtigsten Ideologen in der Partei, er zeichnete für das neue Parteiprogramm verantwortlich, das 2011 beschlossen wurde. Während Hofer in der ersten Phase des Wahlkampfs ankündigte, die Regierung entlassen zu wollen, wenn die von ihr erbrachte Leistung nicht stimmen würde, ruderte der FPÖ-Kandidat in den vergangenen Wochen mehr und mehr zurück.

Eines seiner wichtigsten Anliegen ist, das Freihandelsabkommen TTIP zu verhindern. Stärken will Hofer die direkte Demokratie, statt einem vereinten Europa will er ein "Europa der starken Vaterländer". Auch deshalb würde sein erster Amtsbesuch der Schweiz gelten. Dorthin habe er beste Beziehungen. Die kommenden Wochen könnten zeigen, ob Hofer ein autoritärer Präsident wird. Er wird mit Argusaugen beobachtet werden.