SPÖ-Berater Silberstein hatte bei der Wahl 2006 das Unmögliche Realität werden lassen.
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Wien. Es wird für die SPÖ nicht wirklich besser. Es ist drei Tage her, dass die Partei von Kanzler Christian Kern die Zusammenarbeit mit ihrem strategischen Berater Tal Silberstein beendet hat, nachdem dieser in Israel verhaftet worden war. Silberstein werden Geldwäsche sowie Untreue vorgeworfen, im Zentrum der Affäre steht der Milliardär und Diamantenhändler Beny Steinmetz.
Nun berichtete die israelische Zeitung "Haaretz", dass die SPÖ, wenn auch nur indirekt über Silberstein, auf die Dienste von Mosche Klughaft in der Kampagne zurückgegriffen hat und dieser hinter dem vielfach diskutierten "Pizza-Video" mit Kern stünde. Aus der SPÖ wird dies auch bestätigt. Klughaft sei ein Subunternehmer von Silberstein und einige Male in Wien gewesen.
Klughaft, der laut "Haaretz" nicht in die Affäre um Steinmetz verstrickt ist, hat sich in Israel einerseits als Lobbyist, andererseits aber eben auch als politischer Berater der ultrarechten Siedler-Partei "Jüdisches Heim" einen Namen gemacht. Und diese ist ideologisch doch sehr weit von der österreichischen Sozialdemokratie entfernt. Zudem ist Klughaft in Israel auch wegen der Art seiner Kampagnenführung umstritten.
Kern gesteht "politischen Fehler" ein
Kritisch äußerte sich via "Kronen Zeitung" der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl. "Viele meinen, man hätte sich schon früher von Silberstein trennen oder überhaupt einen anderen Berater suchen sollen", sagte er. Denn schon vor einem halben Jahr hatte es erste Gerüchte über einen Haftbefehl in Rumänien gegen den israelischen Berater gegeben. "Es hat damals keine ausreichenden Anhaltspunkte gegeben", sagte Kern in einem Video auf seiner Facebook-Seite. Daher blieb Silberstein, machte Umfragen und analysierte Daten. "Selbstverständlich war es politischer Fehler, dass wir die Zusammenarbeit nicht schon vorher beendet haben", so Kern in dem Video am Mittwoch.
Warum er zu lang an Silberstein festgehalten hat, sagte Kern nicht. Die Expertise des Israeli ist unstrittig, und der Berater ist auch eng mit einem Erfolg der SPÖ verknüpft, der 2006 einem Wunder glich: der Kanzlerschaft von Alfred Gusenbauer.
Dieser lag vor der Wahl in Umfragen einige Prozentpunkte hinter der ÖVP mit Kanzler Wolfgang Schüssel. In der Zweiten Republik hatte bis dahin nur ein einziges Mal ein amtierender Kanzler den ersten Platz eingebüßt. Das war 1970 Josef Klaus gegen Bruno Kreisky, der mit einem heute noch bekannten und immer wieder ausgegrabenen Slogan ("Ein Stück des Weges gemeinsam") die relative Mehrheit holte.
Doch anders als 1970, als sich auch der Zeitgeist vorübergehend in Richtung links gedreht hatte, war Gusenbauers Kampagne von heftigen Problemen überschattet. Denn wenige Monate vor der Wahl war die Bawag-Affäre ausgebrochen, vor allem die Führung der Gewerkschaft stand unter Kritik, ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch musste zurücktreten.
Die große Stunde Gusenbauers
Am Wahlabend war dann aber dennoch Alfred Gusenbauer der strahlende Gewinner, die SPÖ kehrte auf den ersten Platz zurück. Das Unmögliche war Realität geworden. Der Wahlkampf der Sozialdemokraten war dabei durchaus umstritten, teilweise sehr hart geführt, die Partei war damals allerdings in der Opposition und damit die Ausgangslage eine andere als heute.
Die Kritik der ÖVP am Kampagnenstil des Mitbewerbers war schon damals groß. Nicht anders ist es diesmal. Im Jänner, als die Gerüchte über einen Haftbefehl gegen Silberstein die Runde machten, gab es große Aufregung bei der ÖVP und sogar eine parlamentarische Anfrage von dieser. Spätestens seit damals werfen sich beide Parteien auch wechselseitig Dirty Campaigning vor.
Über Gusenbauer, der immer wieder als eine Art Berater oder zumindest als Gesprächspartner von Kern beschrieben wird, kam auch die Verbindung zu Silberstein zustande. Ein Vertrauter Gusenbauers, der Anwalt Leopold Specht, hatte Silberstein auch einmal in einem juristischen Streitfall mit den Casinos Austria in Österreich vertreten. Doch auch die Neos hatten sich im Wien-Wahlkampf der strategischen Analyse Silbersteins bedient. Vor einem Jahr landete der Israeli wieder bei der SPÖ. Und nun, wenige Wochen vor der Wahl, liegen die Roten in Umfragen wieder einige Prozentpunkte hinter der ÖVP. Wie 2006. Diesmal aber ohne Silberstein.