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Vom Kern der Führung

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Managementberater Sprenger sieht fünf zeitlose Führungsaufgaben.
© © Wiener Zeitung

Warum erfolgreiche Manager Fremdoptimierer sein müssen.


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"Wiener Zeitung": Herr Sprenger: Fühlen Sie sich geschmeichelt, weil man Sie als Managementguru bezeichnet?

Reinhard K. Sprenger: Es hat sich halt so eingebürgert. Es würde mich vielleicht kränken, wenn man andere Begriffe nehmen würde, mit denen ich mich nicht in Verbindung bringen kann. Aber die Bezeichnung Managementguru ist mir völlig egal.

Ihr neues Buch trägt den Titel "Radikal führen". Darin beschreiben Sie fünf zeitlose und essenzielle Kernaufgaben von Führung: Zusammenarbeit organisieren, Transaktionskosten senken, Konflikte entscheiden, Zukunftsfähigkeit sichern und zu guter Letzt Mitarbeiter führen. Woran merkt man in einem Unternehmen, dass es auf der Führungsebene nicht gut läuft? An besonders hoher Fluktuation, mehr Krankenständen?

Nein. Denn im Grunde werden Führungskräfte ja nur für Erfolg bezahlt. Das heißt: Für die Sicherung des Überlebens des Unternehmens. Und es gibt Unternehmen, die extrem erfolgreich sind mit hoher Fluktuation oder geringer Mitarbeiterzufriedenheit - obwohl ich mir das anders wünschte. Die kausalanalytische Erklärung von Erfolg und Misserfolg ist extrem problematisch.

Was hat sich seit Beginn Ihrer Tätigkeit als Unternehmensberater im Jahr 1990 in den Führungsetagen verändert?

Ich könnte eher sagen, was sich nicht verändert hat. Die Probleme des miteinander erfolgreich Kooperierens, die sind nach wie vor dieselben. Was sich geändert hat, ist vorrangig die extreme Handlungsgeschwindigkeit, im Wesentlichen vor dem Hintergrund der Informationstechnologie. Und das Maß der internen Verregelung hat dramatisch zugenommen.

Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer in Deutschland halten laut einer Umfrage ihre Chefs für fachlich in Ordnung, aber als Führungskraft wenig geeignet. Gibt es wirklich so wenige gute Manager? Oder ist es nicht eher so, dass viele Mitarbeiter falsche Vorstellungen davon haben, was die Aufgaben ihrer Vorgesetzten sind?

Ja und ja. Das Problem dahinter ist, dass nach wie vor der beste Schraubendreher zum Chef aller Schraubendreher gemacht wird. Meistens hat das Unternehmen dann einen guten Schraubendreher weniger und eine schlechte Führungskraft mehr. Als Führungskraft erfolgreich sein, bedeutet, die Leistung anderer Menschen zu entwickeln, das Beste aus anderen herauszuholen. Der Paradigmenwechsel vom Selbstoptimierer zum Fremdoptimierer ist manchen Führungskräften aber gar nicht bewusst.

Als die wichtigste Managemententscheidung bezeichnen Sie die Personalauswahl. Idealerweise verfügt ein Bewerber über fachliche Qualifikationen und passt auch von der Persönlichkeit ins Team. Oft überwiegt aber entweder die eine oder die andere Komponente.

Wenn ich die Wahl treffen muss, würde ich immer die menschliche Qualifikation bevorzugen. Jürgen Klopp, der Trainer von Borussia Dortmund, hat einmal gesagt: "Ich würde niemals ein Arschloch einkaufen, das nur gut kicken kann."

Sind Frauen die besseren Manager, wie oft behauptet wird?

Ich persönlich habe mit weiblichen Führungskräften sehr gute Erfahrungen gemacht und erheblich mehr männliche Schwachleister erlebt als weibliche - weil es eben mehr männliche Führungskräfte gibt. Daraus aber zu schließen, dass Frauen die besseren Führungskräfte wären, scheint mir nicht seriös zu sein.

Sie sind ein Gegner von staatlich verordneten Frauenquoten.

Ich bin ein massiver Frauenquotengegner. Es geht den Staat schlicht nichts an. Die große Lebenslüge der ganzen Gleichstellungspolitik ist ja, dass man Frauen mit ihrer Grundsatzentscheidung zwischen Beruf und Familie, respektive Kind, alleine lässt.

Warum sind Sie kein großer Freund von institutionalisierten Mitarbeitergesprächen?

Weil es die Zusammenarbeit auf eine bilaterale Beziehung reduziert. Das kann man im Ausnahmefall durchaus machen, aber im Allgemeinen greift das zu kurz. Als Alternative empfehle ich den Teamworkshop oder die Teammoderation.

Sie schreiben, dass auch das gemeinsame Feiern nicht zu kurz kommen sollte.

Feiern sind Liebeserklärungen ans Leben. Gerade in schwierigen Zeiten müssen wir uns als Solidargemeinschaft auch physisch begegnen und den Blick auf eine gemeinsame Zukunft richten. Das halte ich aus anthropologischen Gründen für unverzichtbar.

Reinhard K. Sprenger: "Radikal führen", Campus Verlag, 296 Seiten, 24,99 Euro

Zur Person:
Reinhard K. Sprenger, geboren 1953 in Essen, zählt zu den gefragtesten Experten für Managemententwicklung. Der Doktor der Philosophie und Bestsellerautor ("Mythos Motivation", "Das Prinzip Selbstverantwortung", "Vertrauen führt" u.a.) ist auch Rockmusiker und Musikproduzent. Er lebt heute in der Nähe von Zürich und in Santa Fe, New Mexico.