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Die Metaller-Löhne steigen um 2,1 Prozent - doch die Inflation und kalte Progression fressen einen großen Teil davon weg.
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Wien. Nach den Beschäftigten der Maschinen- und Metallwarenindustrie dürfen auch die Arbeitnehmer anderen Branchen auf ein reales Lohnplus hoffen. Helmut Hofer, Arbeitsmarktexperte am Institut für Höhere Studien (IHS), rechnet jedoch damit, dass auch die Lohnabschlüsse der anderen Branchen niedriger als im Vorjahr ausfallen: "Es gibt wenig Spielraum für Reallohnerhöhungen."
Die Metaller-Lohnerhöhung um 2,1 Prozent, auf die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Nacht auf Mittwoch geeinigt haben, liegt laut Hofer "am oberen Rand des Bandes, vor allem wenn sich die Konjunktur verschlechtert". Bereinigt um die durchschnittliche Inflationsrate von 1,7 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten als Verhandlungsbasis bleiben 0,4 Prozentpunkte übrig. "Wenn die Inflationsrate sinkt, würde einiges im Börsel übrig bleiben", sagt Hofer.
"Viel Kaufkraft bringt es nicht"
Wie viel tatsächlich bleibt, hängt davon ab, wie viel der jeweilige Arbeitnehmer verdient. Denn die kalte Progression - also das Vorrücken in höhere Steuerklassen, in denen mehr Lohnsteuer fällig ist - nagt am Lohnplus. Durch die Wirkung der Steuerprogression werde real nicht mehr viel von der Lohnerhöhung übrig bleiben, sagt Marcus Scheiblecker, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo): "Viel Kaufkraft wird es nicht bringen, allerdings wird es dem Budget was bringen", so Scheiblecker im ORF-Radio. Zwischen 2014 und 2018 werde das Steueraufkommen durch die kalte Progression 2,1 Milliarden Euro betragen, schreibt die Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung in einer Analyse der Aufkommens- und Verteilungswirkungen für Österreich. Wie die OECD berechnet hat, ist dem durchschnittlichen österreichischen Arbeitnehmer 2013 von einem Bruttogehaltsplus von 2,4 Prozent wegen Inflation (2 Prozent) und Steuern (0,4 Prozent) de facto nichts übrig geblieben.
Nach dem Abschluss der Maschinen- und Metallwarenindustrie mit 120.000 Arbeitern und Angestellten beim vierten Termin gehen die Verhandlungen in den übrigen, kleineren Metaller-Fachverbänden mit insgesamt 60.000 Arbeitnehmern am Freitag, Montag und Mittwoch weiter. Wie schon in den beiden Vorjahren wollen die Gewerkschafter in allen sechs Fachverbänden idente Abschlüsse erzielen.
Die Ist-Löhne, der Mindestlohn und die Lehrlingsentschädigung steigen in der Maschinen- und Metallwarenindustrie ab 1. November um 2,1 Prozent. Der Mindestlohn beträgt nun 1724,17 Euro. Lediglich die Inflation wird bei den Zulagen mit plus 1,7 Prozent abgegolten. Gewerkschafter Rainer Wimmer sprach nach der Einigung von "harten Verhandlungen". Für den Obmann des Fachverbandes, Christian Knill, ist der Abschluss gerade noch vertretbar. Nicht umgesetzt wird die von der Gewerkschaft geforderte Freizeitoption, bei der sich Mitarbeiter für mehr Freizeit, statt für mehr Verdienst hätten entscheiden können.
Anders als von den Arbeitgebern vorgeschlagen wurde nicht die EU-Inflationsrate von 0,5 Prozent als Basis für die Kollektivvertragsverhandlungen herangezogen. Die Arbeitgeber wollten damit Kostennachteile gegenüber anderen Ländern aufgrund höherer Lohnabschlüsse verhindern, weil sie zu "80 Prozent ins Ausland liefern und nicht mit österreichischen Betrieben im Wettbewerb stehen, sondern mit ausländischen". Für die Wifo-Ökonomin Christine Mayrhuber ist die Argumentation der Arbeitgeberseite, nicht die Preisentwicklung in Österreich, sondern jene in Europa zu berücksichtigen, "nicht aufgegangen".
Abschlüsse nähern sich an
Die Lohnerhöhung bei den Metallern gilt als Richtschnur: IHS-Arbeitsmarktexperte Hofer verweist darauf, dass die Metaller-Abschlüsse früher deutlich über jenen in anderen Branchen lagen, nun hätten sich die Kollektivvertrags-Abschlüsse jedoch angenähert.
Für die rund eine halbe Million Beschäftigten im Handel steigen die Gehälter - wie bei den Metallern - ab Jänner 2015 um die durchschnittliche Inflation (von Oktober 2013 bis September 2014) plus 0,4 Prozent. Das hat der größte Fachverband in der Wirtschaftskammer bereits im Vorjahr in einem Doppelabschluss für 2014 und 2015 vereinbart. Die Sozialpartner einigten sich damals auf einen Abschluss für zwei Jahre, um Zeit für die Erarbeitung eines komplett neuen Gehaltsschemas zu haben. Damit fallen die Verhandlungen, die sonst auf die Metaller folgen, in diesem Jahr aus.