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Vom Musterschüler zum Buhmann

Von Waldemar Hummer

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Trotz beachtlicher Wirtschaftsdaten rügen sowohl die EU als auch der Staatsschuldenausschuss Österreich, da es zu wenig zum Abbau des strukturellen Haushaltsdefizits unternehme. | Am 1. Juli 1998 trat in der EU der Stabilitäts- und Wachstumspakt in Kraft. Sein Ziel besteht in der Herbeiführung gesunder Staatsfinanzen als Voraussetzung für Preisstabilität, Wirtschaftswachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Durch eine eigene Überwachungs-Verordnung Nr. 1466/97 des Rates wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, dem Rat und der Kommission Stabilitätsprogramme zu melden und diese jährlich zu aktualisieren. Österreich übermittelte bereits im November 1998 sein erstes Stabilitätsprogramm und aktualisierte dieses regelmäßig.


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In seinem Gutachten von Mitte Jänner 2005 zum Stabilitätsprogramm Österreichs für die Periode 2004 bis 2008 forderte der Rat Österreich zu größeren Anstrengungen in Sachen Budgetkonsolidierung auf und ersuchte es, die dafür zu ergreifenden Maßnahmen näher anzugeben.

Kein EU-Mahnverfahren

Das im Oktober 2005 im Rahmen der erneuerten Lissabon-Strategie durch Österreich übermittelte Nationale Reformprogramm enthielt zwar eine Reihe wirtschaftspolitischer Strategieaussagen, aber keine diesbezüglichen Hinweise. Nachdem Österreich am 30. November 2005 seine letzte Aktualisierung des Stabilitätsprogrammes für die Periode 2005 bis 2008 gemeldet hatte, wurde diese im Februar 2006 durch die Kommission evaluiert, die dabei vor allem die Ankündigung begrüßte, das Budgetdefizit von zwei Prozent im Jahre 2005 auf Null im Jahre 2008 abzusenken.

Es wurde auch zustimmend zur Kenntnis genommen, dass die Gesamtverschuldung der Republik in Höhe von 63,4 Prozent des BIP im Jahre 2005 tendenziell sinke und sich damit dem Konvergenzkriterium von 60 Prozent schrittweise annähere. Österreich erwies sich damit durchaus als einer der Musterschüler in Sachen Konvergenz.

Die kalte Dusche für Österreich kam dann aber auf der Tagung der Wirtschafts- und Finanzminister am 10. Juli 2006 in Brüssel, anlässlich derer die Kommission Österreich - neben Belgien und Luxemburg - ermahnte, da es den wirtschaftlichen Aufschwung nicht ausreichend dazu benützt habe, das strukturelle Budgetdefizit (konjunkturell bereinigte Neuverschuldung) abzubauen.

Bundesländer gerügt

Obwohl Österreich lediglich ein Netto-Defizit von 1,7 Prozent des BIP für 2006 und nur von 1,3 Prozent für 2007 erwartet - eine laufende Neuverschuldung, die weit unter dem Konvergenz-Kriterium von 3 Prozent liegt - habe es sein strukturelles Defizit in Zeiten der Hochkonjunktur nicht um jährlich 0,5 Prozent vermindert; wie dies im präventiven Teil des Stabilitäts- und Wachstumspaktes vorgesehen sei. Laut Währungskommissar Joaquín Almunia wird das strukturelle Defizit Österreichs von einem Prozent im Vorjahr auf heuer 1,7 Prozent steigen und 2007 nur um einen halben Prozentpunkt sinken. Wien meldete im Gegensatz dazu strukturelle Defizite für 2006 in Höhe von lediglich 1,2 Prozent und für 2007 von 0,4 Prozent ein. Bei dieser Ermahnung Österreichs durch die Kommission handelte es sich aber nicht um die Einleitung eines offiziellen Mahnverfahrens, wie von oppositioneller Seite vermutet wurde.

In seinem am 14. Juli 2006 vorgelegten Bericht forderte auch der Staatsschuldenausschuss ganz allgemein eine Staats-, Haushalts- und Verwaltungsreform, im Speziellen aber eine größere Haushaltsdisziplin der Bundesländer.

Anstatt gemäß Stabilitätspakt für das vergangene Jahr einen Überschuss von 0,6 Prozent des BIP zu erwirtschaften, lieferten die Bundesländer bloß ein Plus von 0,1 Prozent ab. Sie operierten mit öffentlichen Mitteln offensichtlich zu großzügig.