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Die Reise in eine nachhaltige Zukunft beginnt mit dem ersten Schritt.
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38°C in der Arktis. Der Thwaites Gletscher im westantarktischen Marie-Byrd, ein Gletschergigant, zwei Mal so groß wie ganz Österreich, weist immer mehr Risse und Brüche auf. Wenn dieser Gletscher auseinanderbricht, dann würde das allein den Meeresspiegel um einen halben Meter anheben. Ein polarer Vortex bringt wiederum Schnee von Istanbul über Syrien bis Ägypten, in der westlichen Hemisphäre schneit es in Nordtexas – das in etwa gleich weit südlich liegt wie Tunesien.
Wer glaubt, Pandemien seien ein Problem für die Menschheit, darf sich ruhig fürchten – der Klimawandel ist noch die viel größere Kalamität.
Die schlechte Nachricht: Als das Pariser Klima-Ziel von 2°C Erwärmung im Vergleich zu präindustriellen CO2-Niveaus definiert wurde, ging man davon aus, dass das Klimasystem eine Erwärmung von 2°C verkraften kann, ohne völlig aus dem Gleichgewicht zu geraten. Nun sieht es danach aus, als zeigten sich die Folgen der drohenden Klimakatastrophe bereits bei 1,2°C, wie sie derzeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gemessen werden.
Unterdessen sprudeln die Gewinne der Ölkonzerne munter weiter: ExxonMobil und Chevron, die beiden größten US-Ölkonzerne fuhren im Jahr 2021 einen kombinierten Gewinn von rund 39 Milliarden Dollar ein (rund 34 Milliarden Euro), die OMV kam immerhin auf 5,96 Milliarden Euro Gewinn.
Ein Lichtblick: Bei den Neuzulassungen von Elektroautos hat es Österreich im Jahr 2021 aufs Stockerl geschafft (13,9 Prozent der Neuzulassungen) und belegte Platz drei hinter den Niederlanden und Schweden (EU-Schnitt: 8,9 Prozent).
Freilich: Ein Umstieg auf Elektroautos wird das Welt-Klima ebenso wenig retten, wie der Stopp des Lobautunnels, das Klimaticket oder sich drehende Windräder auf der Parndorfer Heide. Österreich verursacht gerade einmal 0,18 Prozent des globalen Kohlendioxid-Ausstoßes.
Aber es braucht Vorreiter auf den Weg in eine nachhaltige Zukunft: Europa ist dafür prädestiniert, diese Vorreiterrolle zu spielen, denn der Kontinent verfügt selbst über keine nennenswerten fossilen Brennstoffreserven mehr und ist schon allein aus diesem Grund dazu gezwungen umzusteuern – es sei denn, die EU will für immer von Wladimir Putin erpressbar sein. Da entsteht eine seltsame Allianz: Es gefällt weder olivgrünen Sicherheitsexperten (Olivgrün ist die traditionelle Uniformfarbe des Bundesheeres, das Fleckenmuster setzt sich erst nach und nach durch) noch umweltgrünen Klimaschützern, wenn jemand wie Gerhard Schröder in den Aufsichtsrat des russischen Gaskonzerns Gazprom aufsteigt und auch weiterhin dafür sorgen wird, dass Europas Abhängigkeit von russischem Gas bleibt, wie sie ist.
Jene Wirtschaftsmächte, die Herausforderung, Energie aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen und ihr Wirtschaftssystem auf Nachhaltigkeit trimmen, werden längerfristig auch am wettbewerbsfähigsten sein. Man muss kein Börsenprophet sein, um zu erkennen, dass die Aktie des Stromkonzerns Verbund zukunftssicherer ist, als je der OMV.
Österreich – eine Eisenbahn-Nation, reich gesegnet mit Wasserkraft – ist in einer hervorragenden Position, in Europa eine Führungsrolle in Sachen Klimaschutz zu übernehmen. Es wäre aber naiv zu glauben, dass sich Klimaziele ohne Lebensstil-Veränderungen erreichen lassen: Nicht der Umstieg vom Verbrennungsmotor zum Elektroauto ist die Lösung, sondern die Vermeidung von Automobilverkehr. Nicht der Austausch der Gastherme durch einen Anschluss an das Fernwärmenetz ist die Lösung, sondern effiziente Wärmedämmung.
Und es reicht nicht, wenn Österreich umsteuert, oder die Europäische Union – letztlich geht es um einen Umbau des Weltenergiesystems.
Ein Grund zum Verzagen?
Der chinesische Philosoph Lao Tse sagte einst: "Eine Reise von 1000 Li beginnt mit dem ersten Schritt."