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Vom Prümer Vertrag zum EU-Vertrag

Von Waldemar Hummer

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Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Innsbruck. Foto: privat

Der Prümer Vertrag ist in den Rechtsrahmen der EU übergeführt worden, sodass seine Bestimmungen nunmehr für alle 27 Mitgliedstaaten der Union gelten.


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Der Ende Mai 2005 zwischen sieben EU-Mitgliedstaaten unterzeichnete Vertrag von Prüm/Rheinland-Pfalz über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration, sah vor, innerhalb der ersten drei Jahre nach seinem Inkrafttreten Ende 2006 in das Recht der EU übergeführt zu werden.

Zur Bewerkstelligung dieser Überführung ergingen am 23. Juni 2008 zwei Beschlüsse des Rates, nämlich der Grundlagenbeschluss 2008/615/JI und der Durchführungsbeschluss 2008/616/JI (Amtsblatt 2008, L 210/1 ff, 12 ff.).

Durch den Beschluss 2008/615/JI wird der Rechtsbestand von Prüm, nach dem sich die Mitgliedstaaten gegenseitige Zugriffsrechte auf ihre automatisierten DNA-Analyse-Dateien, ihre automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssysteme sowie auf ihre Fahrzeugregister gewähren, in die EU übergeführt. Dafür sind Übergangsfristen von einem beziehungsweise zwei Jahren vorgesehen. Daneben übermitteln die Mitgliedstaaten einander sowohl personenbezogene als auch nichtpersonenbezogene Daten zur Verhinderung von Straftaten und zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Ordnung bei grenzüberschreitenden Großveranstaltungen. Sie tauschen auch Informationen zur Verhinderung terroristischer Straftaten im Sinn des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates vom Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (Amtsblatt 2002, L 164, S. 3 ff.) aus.

Zusammenarbeit der Polizei

Zur Intensivierung der polizeilichen Zusammenarbeit kommen noch gemeinsame Streifen sowie sonstige gemeinsame Einsatzformen dazu, an denen benannte Polizeibeamte anderer Mitgliedstaaten bei Einsätzen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats mitwirken.

Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten unterstützen sich auch gegenseitig bei der Bewältigung von Massenveranstaltungen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen (Artikel 18).

Der zweite Beschluss des Rates (2008/616/JI) legt die gemeinsamen normativen Vorschriften für die verwaltungsmäßige und technische Umsetzung der im vorstehenden Beschluss 2008/615/JI genannten Formen der Zusammenarbeit fest. Der Anhang zu diesem Beschluss enthält die detaillierten Durchführungsbestimmungen technischer Art. Außerdem wird ein gesondertes Handbuch, das ausschließlich Sachinformationen der Mitgliedstaaten enthält, vom Generalsekretariat des Rates erstellt und laufend auf dem neuesten Stand gehalten.

Der dritte in diesem Zusammenhang ergangene Rechtsakt ist der auf Initiative Österreichs vom Rat am selben Tag erlassene Beschluss 2008/617/JI über die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Spezialeinheiten der Mitgliedstaaten der EU in Krisensituationen (Amtsblatt 2008, L 210/73 ff.).

Einsatz von Spezialeinheiten

Dieser Beschluss regelt nicht Formen der polizeilichen Hilfeleistung bei Massenveranstaltungen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen wie Artikel 18 des Beschlusses 2008/615/JI, sondern sieht andere Formen der polizeilichen Unterstützung durch Spezialeinheiten vor - wie zum Beispiel in von Menschen verursachten Krisensituationen, die eine ernste physische Bedrohung für Personen, Eigentum, Infrastrukturen oder Institutionen darstellen, wie insbesondere Geiselnahmen, Flugzeugentführungen und ähnliche Vorfälle.