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Vom Schock zur Abhängigkeit

Von Ronald Schönhuber

Wissen

Ein Großteil des modernen Lebens hängt an den derzeit 800 Satelliten. | Wien. Es begann mit einem Schock: Am 4. Oktober 1957 schoss Russland Sputnik ins All. Der erste künstliche Erdsatellit zerstörte das Bild, das sich die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg zurechtgelegt hatten. Die Nation, die sich technologisch voran sah, hatte den Wettlauf in den Orbit klar verloren. Erst ein Jahr später gelang es den Amerikanern mit Explorer 1 ebenfalls einen Satelliten ins All zu befördern.


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Seitdem sind rund 6500 künstliche Raumflugkörper in den Orbit geflogen, die Zahl der noch aktiven Satelliten beträgt derzeit rund 800 Stück. Neben reinen Forschungssatelliten wurden schon sehr früh Wetter- und Telekommunikationssatelliten in die Erdumlaufbahn gebracht. Der 1960 in den Orbit beförderte Trios-1 war bereits mit Hilfe einer TV-Kamera in der Lage, Aufschluss über die Wolkenbildung auf dem Planeten zu geben. Der von der Telefongesellschaft AT&T in Auftrag gegebene Telstar 1 konnte nach seinem Start 1962 neben Fernsehbildern auch 60 zweiseitige Telefongespräche übertragen.

Erdvermessung undglobale Navigation

Heute befindet sich eine fast schon unübersichtliche Vielzahl von Typen im All. Erdbeobachtungssatelliten vermessen das Höhenrelief des Planeten oder erfassen die Zirkulation der Weltmeere. Navigationssatellitensysteme wie GPS - und später einmal das noch im Aufbau befindliche EU-Projekt Galileo - weisen gleichzeitig Millionen von Autofahrern verlässlich den Weg ans Ziel. Und während im Orbit kreisende Teleskope weit in die Tiefen des Weltalls hineinblicken, können Spionagesatelliten an so gut wie jedem Ort Truppenbewegungen ausmachen.

Satelliten sind heute aber längst nicht mehr die Domäne reicher Industriestaaten. Auch Indien, der Iran und Venezuela haben in den vergangenen Jahren verschiedene Typen in die Umlaufbahn gebracht.

Wie abhängig die Welt mittlerweile von Satelliten geworden ist, zeigte sich im Jahr 1998. Durch einen Fehler bei Galaxy IV fielen in den USA 90 Prozent der Pager aus. Der gesamte Medizin-Bereich, der damals hauptsächlich über Pager kommunizierte, befand sich im Ausnahmezustand. Auch Tankstellen, Banken und TV-Sender mussten auf die Übertragung aus dem Weltall verzichten und verzeichneten Milliardenschäden.

Doch nicht nur eine Panne, sondern auch Raumschrott bedroht die globalen Kommunikationsnetze. Laut der europäischen Raumfahrtagentur ESA umkreisen 600.000 Objekte - von Raketenteilen über inaktive Satelliten bis hin zum verlorenen Astronautenwerkzeug - die Erde. 2009 gab es sogar eine Kollision zwischen einem russischen und einem US-Satelliten. Beide waren zum Unfallzeitpunkt noch aktiv.