Streit über Definition des Parteienbegriffs. | SPÖ und ÖVP hoffen auf Einigung noch heuer.
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Wien. Die Sümpfe werden trockengelegt. Das hat ÖVP-Chef Michael Spindelegger nach Bekanntwerden der Telekom-Affäre, in die schwarz-blaue Minister verwickelt sein sollen, versprochen. Dann kam die Debatte um U-Ausschuss, Lobbyistengesetz und SPÖ-Inseratenaffäre. Darüber ist fast in Vergessenheit geraten, dass die Neuregelung der Parteispenden schon einmal greifbar war.
Aber der Reihe nach: Dieser Tage veröffentlichen alle Parteien einen Rechenschaftsbericht im Amtsblatt zur "Wiener Zeitung". Dies müssen sie laut Parteiengesetz bis Ende September tun. Diese Bilanz betrifft aber nur die Bundesparteien, Spenden über 7260 Euro müssen gesondert ausgewiesen werden, wenn auch nicht namentlich.
Die letzten verfügbaren Rechenschaftsberichte zeigen ein durchaus buntes Bild: So hat die SPÖ im Jahr 2010 zwar eine Million Euro an Spenden erhalten, keine einzige davon ist aber über 7260 Euro gelegen. Die ÖVP hat 2009 indes 1,2 Millionen Euro an Spenden über dieser Grenze bekommen. Der Klingelbeutel der Opposition füllt sich dagegen fast nur mit staatlicher Parteienförderung. So erhielt das BZÖ 2009 gerade einmal 84,89 Euro an Spenden, die Grünen haben 2010 gar keine bekommen, die FPÖ Einzelspenden im Ausmaß von 455,22 Euro.
Hubert Sickinger, Experte für Parteienfinanzierung, hält diese Regelung für "zahnlos": Weil nur die Finanzen der Bundesparteien und nicht der Landes- und Vorfeldorganisationen veröffentlicht werden müssen, könne die Offenlegung leicht umgangen werden. Außerdem gebe es keine Sanktionen, wenn Spenden über der 7260-Euro-Grenze nicht gemeldet werden. Sickinger fordert nicht nur eine Veröffentlichung der Spendernamen im Internet, wenn die Gesamtsumme der Spenden 7000 Euro übersteigt, sondern auch, dass Sachspenden offengelegt werden müssen.
Rüffel vom Europarat so gut wie sicher
Karl Raschbach vom Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung im Innenministerium pflichtet ihm bei. Im europäischen Vergleich "gehört Österreich sicher nicht zu den führenden Nationen" sagt er. Bis Jahresende wird ein Evaluierungsbericht der Antikorruptionsgruppe des Europarats (Greco) erwartet: "Wenn das Gesetz nicht kommt, werden wir säumig sein", sagt Raschbach. Laut Europarat sollen Parteispenden ab einer bestimmten Grenze offengelegt werden.
Die Ironie der Geschichte: Bereits Ende 2010 haben sich die Geschäftsführer aller Parteien weitgehend auf ein Arbeitspapier geeinigt. Demnach sollen alle Parteispenden, die über 7500 Euro im Jahr hinausgehen, im Internet namentlich ausgewiesen werden, wie Grünen-Geschäftsführer Stefan Wallner erklärt. Daneben soll es ein Spendenverbot für Unternehmen in öffentlichem Miteigentum und ausländische Firmen geben. Die Strafen wären empfindlich: Die Parteienförderung würde um das Dreifache des nichtdeklarierten Betrags reduziert.
Es gab sogar eine Einigung bei der Definition des Parteienbegriffs: Laut Wallner waren auch die Großparteien dafür, Teilorganisationen einzubeziehen. Mittlerweile spießt es sich hier aber: Bereits mehrmals hätten SPÖ und ÖVP, die von einer solchen Regelung aufgrund ihrer weitverzweigten Strukturen weit mehr betroffen wären als die Opposition, Gesetzesentwürfe versprochen - bis heute sei aber nichts geschehen, bemängeln Grüne und FPÖ.
Von "alles offenlegen"bis "kein Kommentar"
Während sich FPÖ und BZÖ abwartend zeigen, was die Parteidefinition betrifft, "stehen die Grünen für eine Augenauswischerei nicht zur Verfügung", so Wallner.
"Alles muss auf den Tisch", verlautete dazu aus der ÖVP. Im Sinne der Waffengleichheit dürften aber nicht nur die Vorfeldorganisationen - gemeint sind die schwarzen Bünde - einbezogen werden, sondern auch parteinahe Stiftungen, hieß es mit Seitenhieb auf die Wiener SPÖ. Die Freude über die Inseratenaffäre kann man bei der Volkspartei jedenfalls nicht verbergen: "Die Freunde von der SPÖ zicken jetzt ein wenig."
Bei den Sozialdemokraten will man sich nicht über die Präferenzen in Sachen Geltungsbereich äußern. Ziel sei, dass das neue Parteiengesetz mit Jahresbeginn in Kraft treten kann. Und die SPÖ ist guten Mutes, dass dies gelingen wird. Vielleicht ist 2012 ja ein gutes Jahr für die Trockenlegung der Sümpfe.