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Vom Vorreiter zum EU-Sorgenkind?

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

Bündnis mit Ex-Autokraten und Minderheiten-Gegner. | EU-Parlamentarier äußern grundsätzliche Bedenken. | Pressburg. "Ein Populist, ein Lügner und ein Säufer" wären im Begriff, dem Land Schaden zuzufügen: Der Kolumnist der linksliberalen slowakischen Tageszeitung "Pravda" blickt einigermaßen düster in die Zukunft.


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In der Tat sind jene drei Männer, die zwei Wochen nach den Parlamentswahlen damit beschäftigt sind, die Macht im Lande aufzuteilen, national und international schlecht beleumundet: Wahlsieger Robert Fico von der sozialdemokratischen Smer steht im Ruf, dem Volk bedingungslos nach dem Mund zu reden. Sein voraussichtlicher künftiger Partner, Vladimír Me è iar, hat das Land während der 90er-Jahre in autoritärem Stil regiert. Er wird dafür verantwortlich gemacht, dass die Slowakei wirtschaftlich in Mitteleuropa lange als Nachzügler galt, ehe das Land unter seinem Nachfolger Mikula Dzurinda einen beispiellosen Boom erlebte. Mittlerweile gibt sich Me è iars HZDS zwar gemäßigt und reformorientiert, glaubwürdig ist das für viele Slowaken aber nicht.

Der dritte im Bunde der künftigen Koalitionäre ist Ján Slota, Chef der Slowakischen Nationalpartei SNS. Ihm wird ein Hang zu hochprozentigen Getränken und jungen Frauen nachgesagt. Seine Politik richtet sich gegen nationale Minderheiten. Die mehrheitlich in Armut lebenden Roma sind genauso seinen Anfeindungen ausgesetzt wie die generell im Wohlstand lebenden Ungarn.

Wohl wissend, dass seine künftigen Partner national wie international nicht den besten Ruf genießen, hat Wahlsieger Robert Fico bereits vorsorglich erklärt, dass weder Me è iar noch Slota seiner Regierung direkt angehören werden.

Angst um Demokratie - Präsident beschwichtigt

Smer wird in der neuen Regierung die Schlüsselministerien übernehmen. Den Nationalisten von der SNS soll das Bildungs-, das Umwelt- und das Ministerium für regionale Entwicklung zufallen. Die Gefolgsleute Vladimír Me è iars werden nach Ficos Vorstellungen das Justiz- und Landwirtschaftsministerium bekommen. Am Sonntag soll das gemeinsam ausverhandelte Koalitionsabkommen unterschriftsreif auf dem Tisch liegen. Am Dienstag könnte Präsident Ivan Gaparovi è zur Angelobung der neuen Regierung schreiten.

In der EU blickt man unterdessen mit Besorgnis auf das Nachbarland Österreichs. Lange haben sich die EU-Sozialdemokraten schwer damit getan, Fico als einen der Ihren zu akzeptieren, schließlich hat man ihn doch in den eigenen Reihen aufgenommen.

Eine Entscheidung, die manche bereuen dürften. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), Poul Nyrup Rasmussen, forderte Fico auf, die Einhaltung von demokratischen Prinzipien und Grundrechten zu gewährleisten. "Die Zusammensetzung der Koalition gibt Anlass zu Sorgen in Hinblick auf Menschenrechte, insbesondere der Rechte ethnischer Minderheiten, ebenso bezüglich Verpflichtungen gegenüber der Demokratie, der EU sowie europäischen Werten", so der Däne.

Der Österreicher und SPE-Fraktionsvize Hannes Swoboda findet deutlichere Worte: "Die Koalition zwischen der aus den Wahlen als Siegerin hervorgegangenen Partei Smer und den beiden rechtsgerichteten Parteien HZDS und SNS geben Anlass zu großer Sorge und Bedenken", so Swoboda in einer Aussendung. "Ich sehe nicht, wie eine solche Koalition die europäischen oder gar die sozialdemokratischen Werte vertreten kann", kritisiert er. "Sozialdemokratische Parteien müssen eine klare Position hinsichtlich Menschen- und Minderheitenrechten vertreten, was allerdings in einer solchen Koalition kaum möglich sein wird."

Der slowakische Iran Präsident Ga parovi è , ehemals Parteikollege Vladimír Me è iars, setzt unterdessen alle Hebel in Bewegung, um die Wogen zu glätten. "Ich hege keine Befürchtungen, der Wähler hat entschieden", so das Staatsoberhaupt. Er hoffe, die neue Regierung werde die positiven Momente der bisherigen Entwicklung aufrechterhalten und die negativen korrigieren. Gaparovi è wird nicht müde, gegenüber Investoren zu betonen, dass die in den letzten Jahren geleisteten Reformen kaum rückgängig gemacht werden können.

Siehe auch:

"Auch "Mister Flat Tax muss den Hut nehmen