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Vom Wettkönig zum Star

Von Arian Faal

Reflexionen

Medienexperte Peter Ulram: Verbreitung durch neue Massenmedien fördern Kurzzeit-Stars. | Facebook als "Neuauflage des Dorftratsches".


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Dornbirn. Stählerne Muskeln, ein Sixpack, der sich sehen lassen kann, und immer ein Lächeln auf dem Gesicht: Der 21-jährige, aus dem deutschen Lindenberg stammende Breakdancer Nico Koch ist knapp zwei Wochen nach seinem Wettsieg bei der Sommerausgabe von "Wetten, dass . . ?" bemüht, cool zu bleiben. Und das, obwohl sich sein Leben seit der Sendung schlagartig veränderte.

"Tagelang habe ich kaum oder wenig geschlafen, war übermüdet. Es ging alles so schnell. Seit ,Wetten, dass . . ? klingelt ständig das Telefon und ich bekomme Mails, Anfragen und Jobangebote als Model, Tänzer oder in der Werbung", erzählt der in Dornbirn lebende Tänzer während einer Probe für die Opernvorführung "Achterbahn" bei den Bregenzer Festspielen. Seine Wette - innerhalb von drei Minuten kopfüber im Handstand und aus der Brücke heraus mit den Beinen zehn Würfel in ein überdimensionales Cocktailglas zu werfen - hatte er bei Thomas Gottschalk zwar knapp verloren, Wettkönig wurde er trotzdem und begeisterte ein Millionen-Fernsehpublikum in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Was folgte, war ein reges Medieninteresse aus aller Welt und ein Rummel um seine Person.

Guinnessbuch interessiert

Neben französischen Fernsehsendern, die mit Koch eine Reportage über sein Leben als Tänzer machen wollen, umwerben ihn auch deutsche Modelagenturen für den Laufsteg. Sogar "C.S.A." von Los Angeles - die Personalagentur für Castings in Hollywood - interessiert sich für den Lindenberger. Selbst für das Guinnessbuch soll er mit seiner Wette in abgeänderter Form einen Weltrekord noch in diesem Jahr aufstellen. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits.

Aber auch seiner Leidenschaft, dem Tanzen, werden die Anfragen gerecht. So wollen einige Eventveranstalter die Gruppe von Koch buchen und quer durch die Weltgeschichte auf Tour schicken. Das Interesse scheint deshalb so groß zu sein, weil der Tänzer für eine neue Art des Tanzens steht, nämlich eine Mischung aus Allrounder, professionellem HipHop und Breakdance. Einzelheiten darf er aber noch nicht verraten. Nächste Woche gastiert er erst einmal mit seinem Team beim "Hip Hop on stage" in Linz.

Den Medienexperten Peter Ulram vom Marktforschungsinstitut Gfk-Austria wundert der Hype um Nico Koch nicht. "Wieso ist das Verlangen nach neuen, unbekannten Gesichtern so groß? Es ist zweifelsohne das Phänomen einer bestimmten jungen Altersgruppe und es gibt zwei Unterschiede zu früher: Einerseits ist die Verbreitung durch die Massenmedien, vor allem Youtube und Facebook, neu und andererseits wurde das Suchfeld ausgeweitet. Durch die Ausbreitung und Vielfalt der Neuen Medien könne ein wesentlich früherer Zugriff der Nutzer auf ihre Stars funktionieren. Heute genügt schon eine Form von Medienpräsenz und das Interesse kann sofort geweckt werden. Früher waren die Möglichkeiten eher eingeschränkt", so Ulram im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Auch für die immense Wirkung von Facebook hat er eine Erklärung: "Irgendwer hat einmal bösartig gesagt, Facebook ist hierbei die Neuauflage des Dorftratsches." Das Problem sei jedoch, dass die Mehrzahl der einzelnen Personen normalerweise "Eintagsfliegen" oder "Kurzzeitstars" bleiben würden, da das mediale Interesse dann halt auch irgendwann abnehmen würde. Ein ZDF-Kollege sieht allerdings viel Potenzial in Nico: "Er sieht nicht nur gut aus, sondern ist bei der Wettshow total sympathisch rübergekommen. Das gefällt dem Publikum, deshalb ist er sofort zum Schwarm avanciert."

Zu großer Medienandrang

Koch selbst muss sich an den Rummel um seine Person erst gewöhnen. "Ich habe tausende Mails bekommen und plötzlich wollen mich so viele Menschen, die ich nicht kenne, treffen. Aber ich habe sie einstweilen vertröstet und gesagt, dass sie mir Zeit geben sollen", so Nico. Denn für ihn stehen seine Tanzcrew, seine Freunde und seine Familie an oberster Stelle. Besonders dankbar ist er seiner Tanzschule, der Floor Roc Kidz Dance School and Academy. Seine Chefin Ingeborg Peter und der sportliche Leiter Mike Saretzki, die ihn zum Tanzlehrer und Breakdancer machten, unterstützen ihn tatkräftig, damit ihm nicht alles zu viel wird.

Nicht nur die Anfragen sind neu, auch an die Tatsache, dass auf vielen Foren offen über Kochs Privatleben gemunkelt wird, er Heiratsangebote bekommt und Homosexuelle ihn in Youtube-Videos anhimmeln, muss er sich erst gewöhnen. Seine zahlreichen Jobangebote will er nun sorgfältig prüfen und erst dann entscheiden und zugreifen.